Julian Assange Haftbefehl gegen Wikileaks-Gründer auf dem Prüfstand

Seit zwei Jahren sitzt Julian Assange in Ecuadors Botschaft in London fest, um der Abschiebung nach Schweden zu entgehen. Nun wird der Haftbefehl gegen ihn neu geprüft. Es gibt Zweifel an seiner Schuld.

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Der australische Wikileaks-Gründer Julian Assange ist Dauergast in der ecuadorianischen Botschaft in London. Quelle: dpa

Julian Assange könnte ab heute Abend wieder ein freier Mann sein. Das Stockholmer Bezirksgericht verhandelt zur Stunde über seinen Antrag zur Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn wegen des Verdachts der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung. Die Anwälte des Wikileaks-Gründers hatten seine Freilassung beantragt, weil sie der Meinung waren, die schwedischen Behörden hätten seinen Fall nicht schnell genug bearbeitet. Ein Urteil wird für 19 Uhr erwartet.

Die Verhandlung ist das jüngste Kapitel in dem seit vier Jahren andauernden Justizkrimi um Assange. Der umstrittene Aktivist wohnt seit über zwei Jahren in der Londoner Botschaft von Ecuador, um einer Auslieferung von Großbritannien nach Schweden zu entgehen. Assange wurde bislang keiner Straftat angeklagt, jedoch will die schwedische Staatsanwaltschaft ihn als Verdächtigen verhören. Zwei Frauen hatten ihn beschuldigt, sie im August 2010 vergewaltigt zu haben. Der 43-jährige Aktivist bestreitet die Anschuldigungen. Ein Verhör in der Botschaft in London hatte die Staatsanwaltschaft abgelehnt.

Das schwedische Verfahren bezeichnete Assange wiederholt als Vorwand, um ihn an die US-Behörden auszuliefern. Der umstrittene australische Internetaktivist fürchtet, als prominentes Gesicht der Enthüllungsplattform Wikileaks in den USA wegen Geheimnisverrats verurteilt zu werden. Trotz der Haftprüfung in Schweden sei seine Verfolgung durch die USA „immer noch das größere Problem“, sagte er im Juni der britischen Tageszeitung „Guardian“.

Zwischen 2010 und 2012 hatte Assange erst in Schweden und dann in Großbritannien jeweils den gesamten Rechtsweg ausgeschöpft, um der Auslieferung zu entgehen. Nachdem der britische Oberste Gerichtshof im Juni 2012 seinen letzten Einspruch abgelehnt hatte, floh er in die Botschaft. Die Regierung Ecuadors gewährte ihm daraufhin politisches Asyl. Assange kann das Botschaftsgelände jedoch nicht verlassen, ohne von der britischen Polizei festgenommen zu werden. Diese hat wiederholt ihren Willen erklärt, dem schwedischen Auslieferungsgesuch nachzukommen.

Auf ihrer Website stellte die schwedische Staatsanwaltschaft klar, dass eine Auslieferung Assanges an die USA nicht ohne weiteres möglich sei. Über einen eventuellen Antrag würde die schwedische Regierung im Einzelfall entscheiden. Auch Großbritannien müsse zustimmen. Eine Sprecherin des schwedischen Justizministeriums betonte zudem im August 2012, dass Assange nach der Europäischen Menschenrechtscharta nicht ausgeliefert werden dürfe, wenn ihm in den USA die Todesstrafe drohe.

Es gibt zudem Zweifel an den Vorwürfen gegen Assange. Der „Guardian“ berichtet aus den Ermittlungsunterlagen, dass eines der mutmaßlichen Opfer ihn nach der Tat noch weitere sechs Tage beherbergt und das Bett mit ihm geteilt haben soll. Der Geschlechtsverkehr soll außerdem jeweils in beiderseitigem Einverständnis stattgefunden haben, Assange allerdings das verwendete Kondom manipuliert haben, so dass es riss.

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