Brüssel Die EU-Kommission fordert von der nationalkonservativen Regierung in Polen binnen drei Monaten eine weitere Abmilderung der Reformen beim Verfassungsgericht. Trotz der Gespräche seit Jahresanfang seien die Hauptaspekte, die das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gefährdeten, nicht aus der Welt geschaffen worden, sagte Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel.
So müssten die drei Richter, die von der Vorgängerregierung im Oktober ernannt wurden, ihre Posten antreten. Zudem sollten Urteile veröffentlicht und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts nicht von einem anderen Staatsorgan abhängig seien. Die Ergebnisse der sogenannten Venedig-Kommission des Europarats vom März müssten außerdem vollständig beachtet werden.
Das polnische Parlament hatte am Freitag Änderungen zur Ernennung von Richtern am Verfassungsgericht verabschiedet, welche die Reformen vom Dezember abmildern sollten. Die EU-Kommission hatte bereits durchblicken lassen, dass die neuen Maßnahmen weitere Fragen aufwerfen würden.
Die Brüsseler Behörde hatte Anfang des Jahres erstmals ein Verfahren gegen ein Mitgliedsland wegen möglicher Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit eröffnet und dabei auch auf die Reformen am Verfassungsgericht verwiesen.
Wenn die Regierung in Warschau nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer „schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung“ der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte entzogen werden können. Dafür ist allerdings die Zustimmung aller anderen EU-Staaten notwendig. Das gesamte Verfahren könnte sich noch Jahre hinziehen.