Kabul identifiziert Anschlagsopfer „Manche werden wohl nie gefunden“

In Kabul hoffen etliche Menschen auf Hinweise, ob sich ihre Angehörigen unter den Opfern des gestrigen Anschlags befinden. Viele Identifizierungen sind aber schwierig. Auch wer die Attentäter waren, ist noch nicht klar.

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Rund 700 Millionen Kinder leiden unter den Folgen von Kriegen und anderen Auseinandersetzungen. Quelle: AP

Kabul Nach einem der schwersten Anschläge in Afghanistan seit Beginn der internationalen Intervention im Jahr 2001 mit mindestens 90 Toten und rund 460 Verletzten gehen in der Hauptstadt Kabul die Identifizierung der Opfer und Ermittlungen zu den Tätern weiter. Die in einem Wassertanker versteckte Bombe war am Mittwochmorgen an einer belebten Straße in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft explodiert, hatte die Straße verwüstet und das Botschaftshaus schwer beschädigt. Ein afghanischer Wächter starb, eine deutsche Diplomatin wurde leicht, eine afghanische Mitarbeiterin schwer verletzt.

„Bisher haben wir die gleiche Totenzahl wie gestern“, sagte der Sprecher des afghanischen Gesundheitsministeriums, Mohammed Ismail Kawusi, am Donnerstagmorgen. Es gebe aber Hinweise auf weitere Opfer. „Wir glauben, dass manche Menschen niemals gefunden werden, weil die Explosion sie in zu kleine Stücke gerissen hat.“ Manche der Leichen seien kaum zu identifizieren. „Es ist einfach furchtbar.“

Etliche Menschen warteten am Donnerstag in Krankenhäusern, um Neuigkeiten über den Zustand von Verletzten zu erfahren. Bei dem Lastwagen-Anschlag im Botschaftsviertel der afghanischen Hauptstadt waren am Mittwoch mindestens 90 Menschen getötet und mehr als 450 Menschen verletzt worden. Die meisten der Opfer waren Zivilisten.

Eine offene Frage ist, wer für den Anschlag verantwortlich ist. Der afghanische Geheimdienst NDS hatte in der Nacht eine Stellungnahme veröffentlicht, wonach der Anschlag vom Hakkani-Netzwerk geplant und mithilfe des pakistanischen Geheimdienstes ISI ausgeführt worden sei. Das Hakkani-Netzwek ist eine besonders brutale afghanische Aufständischengruppe, die eng mit den radikalislamischen Taliban zusammenarbeitet. Afghanistan wirft Pakistan seit Jahren vor, die Hakkanis und die Taliban zu unterstützen. Beweise legte der NDS zunächst nicht vor. Die Taliban sagen, sie seien es nicht gewesen.

In Deutschland wird weiter diskutiert, ob Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden dürfen. Unionsfraktionschef Kauder sagte in der ARD: „Es bleibt dabei, das grundsätzlich in Regionen in Afghanistan abgeschoben werden kann“. Einen grundsätzlichen Abschiebestopp halte er nicht für richtig. FDP-Chef Christian Linder sagte der „Passauer Neuen Pesse“: „Ein genereller Abschiebestopp wäre ein Konjunkturprogramm für kriminelle Schlepper.“

Grünen-Chef Cem Özdemir will dagegen eine Änderung: „Ich fordere den Außenminister auf, jetzt, in dieser Situation, endlich das Notwendige zu machen – auf sein Herz zu hören, die Lageberichte der Wirklichkeit anzupassen.“

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