Kampf gegen Arbeitslosigkeit Juncker will Investitionsplan für Europa ausweiten

Das Brexit-Votum der Briten hat die EU empfindlich getroffen. Dass ihr Austritt der Beginn eines Auflösungsprozesses ist, glaubt der Kommissionspräsident aber nicht. Von den EU-Staaten fordert er aber mehr Anstrengungen.

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Der Kommissionspräsident warf den EU-Regierungen vor, zu oft nationalen Interessen Vorfahrt einzuräumen. Quelle: dpa

Straßburg EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Europäische Union erneut zu gemeinschaftlicheren Aktionen aufgerufen. In seiner Rede zur Lage der EU sagte Juncker am Mittwoch in Straßburg, dem Staatenbund fehle es noch immer an „Union“. Es gehe den Mitgliedsstaaten zu häufig um nationale Interessen, bemängelte der Luxemburger.

Der EU-Austritt Großbritanniens ist für den Kommissionspräsident nicht der Beginn eines Auflösungsprozesses Europas. Die EU bedauere die Entscheidung der Briten, „aber die Europäische Union ist in ihrem Bestand nicht gefährdet“, sagte Juncker am Mittwoch in seiner Rede zur Lage der Union vor dem Europaparlament in Straßburg. Einige Entwicklung ließen allerdings vermuten, „dass wir es in Teilen mit einer existenziellen Krise der Europäischen Union zu tun haben“.

Juncker warf den EU-Regierungen vor, zu oft nationalen Interessen Vorfahrt einzuräumen und warnte davor, Populisten in die Hand zu spielen. „Populismus löst keine Probleme – im Gegenteil: Populismus schafft Probleme.“ Zwei Tage vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs zur Zukunft der Union verlangte Juncker eine „ehrliche Bestandsaufnahme“ und auch mehr Anstrengungen gegen Arbeitslosigkeit und für ein sozialeres Europa.

Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit will EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker unter anderem den milliardenschweren Plan für Investitionen in Europa deutlich ausweiten. Er wolle die Laufzeit des Fonds nach 2018 um weitere drei Jahre verlängern und das angestrebte Investitionsvolumen auf bis zu 630 Milliarden Euro anheben, kündigte Juncker am Mittwoch im Europaparlament an. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) war 2015 gegründet worden und soll Europas Konjunktur ankurbeln. Der sogenannte Juncker-Plan soll mit einem kleinen Anteil öffentlicher Gelder vor allem private Investitionen anstoßen. Der Grundstock waren 21 Milliarden Euro im „Europäischen Fonds für strategische Investitionen“ (EFSI). Seit seinem Beginn sind damit nach Angaben der EU-Kommission bereits Projekte für 116 Milliarden Euro gestartet worden.

Die Finanzierung der Verdoppelung des Programms in Volumen und Dauer ist allerdings noch nicht geklärt. Als gesichert gilt nach Junckers Worten nur ein Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro bis 2020. Nötig sind darüber hinaus weitere Mittel aus dem EU-Haushalt wie auch von den Mitgliedsstaaten.

Mit Blick auf die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien bekräftigte der Kommissionspräsident, dass London „keinen Binnenmarkt à la Carte“ bekommen könne. In den anstehenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen werde es ungehinderten Zugang zum europäischen Wirtschaftsraum nur geben, wenn die britische Regierung die Freizügigkeit für EU-Bürger akzeptiere.

Die Briten hatten Ende Juni überraschend mit knapp 52 Prozent für den Austritt aus der EU gestimmt. Am Freitag kommen die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Länder in der slowakischen Hauptstadt Bratislava zusammen, um die Weichen für eine Neuausrichtung der EU zu stellen. Schwerpunkte sollen laut EU-Ratspräsident Donald Tusk insbesondere Sicherheitsfragen und Grenzschutz sein.

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