Kandahar Vor Parlamentswahl – Angriff auf hochrangiges Nato-Sicherheitstreffen in Afghanistan

Der Polizeichef von Kandahar wurde bei einem Anschlag tödlich getroffen, der Gouverneur schwer verletzt. Er gilt als Gegner der radikalislamischen Taliban.

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Der amerikanische General war während des Anschlags vor Ort, blieb aber unversehrt. Quelle: AP

Kandahar, Kabul Nach einem Treffen im Gouverneurspalast in der südafghanischen Provinzhauptstadt Kandahar hat ein Angreifer auf hochrangige Sicherheitskräfte gefeuert. An dem Treffen hatten unter anderem der neue Nato-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Scott Austin Miller, sowie der berüchtigte Polizeichef der Provinz Kandahar, General Abdul Rasik Atschiksai, teilgenommen.

General Miller sei nach dem „innerafghanischen Zwischenfall“ unverletzt, erklärte der Sprecher der Nato-Ausbildungsmission „Resolute Support“, Knut Peters, in einer Mitteilung.

Unbestätigten Berichten zufolge wurde bei dem Zwischenfall Polizeichef Atschiksai sowie der Geheimdienstchef von Kandahar, Abdul Momin, getötet. Zudem soll der Gouverneur von Kandahar, Sulmai Wesa, verletzt worden sein. Ersten Informationen zufolge wurde der Angreifer getötet. Von offizieller Seite gab es auf Anfrage noch keine Erklärung.

Die radikalislamischen Taliban reklamierten den Angriff über den Messenger-Dienst WhatsApp für sich. Ziel seien der Polizeichef Atschiksai sowie General Miller gewesen.

Der Angriff ist ein schwerer Rückschlag für die afghanische Regierung vor der Parlamentswahl am Samstag. Atschiksai wurde von Menschenrechtlern kritisiert, genoss bei den US-Offizieren aber großen Respekt. Sie betrachteten ihn als einen der effektivsten Polizeichefs in Afghanistan und hielten es vor allem ihm zugute, dass die Provinz weitgehend unter Kontrolle war.

Atschiksai hatte bereits mehrere Anschläge überlebt. Zuletzt entging er vor einem Jahr in Kandahar knapp einem Angriff, der fünf Diplomaten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten das Leben kostete.

Die Taliban forderten die Bürger unterdessen erneut auf, die immer wieder verschobene Wahl zu boykottieren. Die Abstimmung sei dem Land von außen aufgezwungen worden und widerspreche dem Islam und der afghanischen Kultur, erklärten sie. Am Mittwoch hatten sie bereits alle Lehrer davor gewarnt, sich als Wahlhelfer zu betätigen.

Die Abstimmung leidet schon jetzt unter der chaotischen Organisation, Betrugsvorwürfen und der Sorge, dass Wahllokale angegriffen werden könnten. Tausende Polizisten und Soldaten sind im ganzen Land im Einsatz, um den Urnengang abzusichern. Bisher wurden neun Kandidaten und Hunderte weitere Menschen bei Anschlägen getötet, die im Zusammenhang mit der Wahl standen. Vertreter der Sicherheitsbehörden befürchten, dass die Gewalt viele Menschen von der Abstimmung fernhalten könnte.

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