Kanzlerin in Japan „Frau Merkel hat den Frühling gebracht“

Angela Merkel trifft Shinzo Abe in Japan Quelle: AP

Die Kanzlerin schaut mal eben in Japan vorbei. Dort ist es ungewöhnlich mild – und die Botschaft eindeutig: Es gibt noch große Länder, die an Freihandel glauben.

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Effizientes Reisen? Da macht Angela Merkel so schnell keiner etwas vor. Der Trip der Kanzlerin nach Japan dauert von Sonntag- bis Dienstagabend: Rund 22 Stunden sitzt sie im Flieger – und ist gerade einmal 26 Stunden am Boden. Die Zeit ist dann voll mit Terminen: Merkel traf sich am Montag mit Ministerpräsident Shinzo Abe. Am Dienstag besucht sie Kaiser Akihito, der Ende April abdankt, und Kronprinz Naruhito, der ihm Anfang Mai folgt. Ein Treffen mit Wirtschaftsvertretern beider Länder steht zum Abschluss auf dem Programm.

Dass Merkel zwischen ihrem Wochenende und der Kabinettssitzung am Mittwoch noch einmal eben am anderen Ende der Welt vorbeischaut, hat vor allem einen Grund: Gemeinsam mit Abe will sie die Botschaft aussenden, dass Japan und Deutschland sich nicht nur gegenseitig aufeinander verlassen können, sondern beide auch weltweit verlässliche Partner sind, wenn es um die „regelbasierte Ordnung“ geht. Beide Staaten, so das Signal, stehen zu den internationalen Organisationen, die der Welt mehr Frieden und Wohlstand gebracht haben – von der Uno bis zur WTO. Und beide Länder stehen auch dafür, dass die Regeln, die es zum Funktionieren dieser Organisationen braucht, eingehalten werden.

Merkel formulierte es nach ihrem Treffen mit Abe so: In einer Welt, in der einiges in Unordnung geraten und multilaterale Abkommen in schwieriges Fahrwasser gekommen sei, „ist unsere lange Freundschaft Ansporn“. Deshalb sei es gut, dass die EU und Japan ein Freihandelsabkommen geschlossen hätten, das seit Anfang Februar in Kraft ist.

Ja zum Freihandel, ja zum Multilateralismus – das sind deutliche Signale der dritt- und viertgrößten Volkswirtschaft der Welt. Vor allem in Richtung Washington, aber eben auch gen Peking und Moskau.

Die USA, China und Russland sind aus Sicht von Merkel und Abe derzeit eher unruhige Spieler in der globalen Politik und Wirtschaft. Doch Deutschland und Japan haben gegenüber allen dreien durchaus ähnliche Interessen.

Obwohl die EU und Japan „weit auseinanderliegen“, so Merkel, hätten sie gemeinsame Grenzen mit Russland. Schon allein deshalb kann es beiden Seiten nicht egal sein, was in dem riesigen Staat passiert und wie Präsident Wladimir Putin versucht, seinen Einflussbereich auszubauen.

Auch von den USA hängen Deutschland und Japan ab – sicherheitspolitisch zum ganz überwiegenden Teil und wirtschaftspolitisch in beträchtlichem Ausmaß. Schließlich gehören beide Länder zu den wichtigsten Exportnationen. Handelskonflikte, die sogar Handelskriege werden könnten, schaden der eigenen Wirtschaft deshalb besonders stark. Hinzu kommt: Ihr hoher Export hat sie ins Visier von US-Präsident Donald Trump gerückt. Zwar haben die USA ihr größtes Handelsdefizit mit China, doch auf Platz zwei und drei folgen bereits Japan und Deutschland.

So sehr Merkel und Abe am Montag jedoch versuchten, ein Bild der Stärke zu vermitteln – dass der Einfluss der Länder, die sie vertreten, schwindet, können sie nur bedingt überspielen. Vor nicht allzu langer Zeit gehörten Deutschland und Japan gemeinsam mit den USA zu den drei größten Volkswirtschaften der Welt. Inzwischen hat sich China dazwischen gedrängelt. In nicht allzu ferner Zukunft wird das Land sogar die größte Volkswirtschaft der Welt sein – und Indien wohl die drittgrößte. Die einstigen ökonomischen Schwergewichte werden langsam, aber stetig nach hinten durchgereicht.

Schon allein aus diesem Grund sollte man zusammenhalten. Vielleicht war auch deshalb die Freude des japanischen Ministerpräsidenten Abe so groß, Angela Merkel nach mehr als zwei Jahren einmal wieder in seiner Heimat begrüßen zu können. Weil es am Montag in Tokio ungewöhnlich mild war, sagte Abe: „Frau Merkel hat den Frühling mitgebracht“. Und er fügte hinzu: Damit der Winter nicht zurückkehre, würde er sie gern noch länger da behalten.

Merkel in Japan

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