Katalonien-Konflikt Landet der Fall Puigdemont vor dem Europäischen Gerichtshof?

Die Entscheidung des OLG Schleswig- Holstein sorgt für Kritik von spanischen Juristen. Im Zweifelsfall muss der EuGH angerufen werden.

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Dem Auslieferungsantrag wegen Rebellion gab das deutsche Gericht nicht statt. Quelle: dpa

Madrid Die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig-Holstein, die Auslieferung des katalanischen Separatisten Carles Puigdemont wegen Rebellion als unzulässig zu erklären, könnte noch nicht das letzte Wort in der Sache sein.

Spanische Justizkreise verweisen darauf, dass Artikel 267 des „Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ festlegt, dass der Europäische Gerichtshof angerufen werden muss, wenn rechtliche Zweifel zu einer Entscheidung bestehen, die nach nationalem Recht nicht angefochten werden kann.

Das ist bei einer Auslieferungsentscheidung der Fall. Der EuGH ist die Instanz, die mit der sogenannten Vorabentscheidung über die Auslegung der EU-Verträge entscheidet.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit des OLG-Urteils bestehen durchaus. Spanische Juristen argumentieren, das Oberlandesgericht habe mit dem Beschluss seine Kompetenzen überschritten. „Es ist nicht die Aufgabe des deutschen Gerichtes, die Vorfälle in Katalonien inhaltlich zu bewerten“, sagt Francesc de Carreras, Professor für Verfassungsrecht an der Autonomen Universität Barcelona dem Handelsblatt.

Doch genau das habe das Gericht getan. Die deutschen Richter haben argumentiert, dass die Gewalt, die die Separatisten in Katalonien angewendet haben, nicht ausgereicht habe, um die spanische Regierung zur Kapitulation und damit zur Anerkennung der Unabhängigkeit Kataloniens zu zwingen.

„Es ist nicht die Aufgabe des deutschen Gerichts, den Fall zu entscheiden“, sagt auch Teresa Manso, Spanien-Experten am Max-Planck-Institut für internationales und ausländisches Recht. „Es hätte ausgereicht, zu erklären, nach welchen Paragraphen des deutschen Strafgesetzes die Vorfälle in Katalonien strafbar sein könnten.“ Auch sie hält in dem Fall eine Klärung durch den EUGH für sinnvoll.

Die deutsche Staatsanwaltschaft war den Argumenten des spanischen Ermittlungsrichters gefolgt. Sie hatte Auslieferungshaft für Puigdemont beantragt und erklärt, es sei mit einem „ordnungsgemäßen Auslieferungsverfahren zu rechnen“.

Derzeit treffen sich die spanischen und die deutschen Staatsanwälte in Den Haag, um über den Fall zu reden. Das Treffen ist nach Angaben aus spanischen Justizkreisen auf Bitten der deutschen Seite entstanden. Solche persönlichen Treffen sind zwar durchaus vorgesehen, aber eher ungewöhnlich.

Bei rechtlichen Zweifeln müsste eigentlich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung bitten. Tut es dies nicht, erwägt der spanische Ermittlungsrichter, den EuGH einzuschalten.

Wie schwierig die rechtlich korrekte Entscheidung über die Auslieferung in dem Fall ist, zeigt das Beispiel der katalanischen Separatisten Clara Ponsati in Schottland. Die ehemalige katalanische Erziehungsministerin war zunächst mit Puigdemont nach Belgien geflohen und vor einigen Wochen als Dozentin nach Schottland übersiedelt.

Das zuständige Gericht in Edinburgh gab heute bekannt, es wegen der komplexen Prüfung eine zweiwöchige Anhörung für Ende Juli ansetzt. Bislang sind aber weder Ponsati noch drei weitere Separatisten in Belgien und zwei in der Schweiz in Auslieferungshaft. In Spanien dagegen sitzen zehn Separatisten zum Teil schon seit Monaten in Untersuchungshaft.

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