Kaum Bewegung beim Shutdown Amerika in Wartestellung

Shutdown: USA in Wartestellung – kaum Bewegung in Washington Quelle: REUTERS

Eine weitere Woche müssen hunderttausende Familien in den USA damit rechnen, dass es kein Geld gibt. Zwei Gesetzesentwürfe stehen nun zur Diskussion, haben aber wenig Chance. Mittlerweile leidet auch die US-Wirtschaft.

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Im Showdown um den Bau einer Grenzmauer zu Mexiko ist keine Annäherung zwischen US-Präsident Donald Trump und den Demokraten im Kongress in Sicht, die ihm das Geld dafür verweigern. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, setzte für Donnerstag zwei Abstimmungen über zwei Gesetzentwürfe an. Allerdings dürfte wohl kaum einer der beiden Entwürfe die notwendigen 60 von 100 Stimmen bekommt. Die Republikaner von Präsident Donald Trump haben im Senat nur eine Mehrheit von 53 Sitzen. Damit werden Teile des Regierungs- und Behördenapparats voraussichtlich weiterhin geschlossen bleiben.

Im Zentrum des Haushaltsstreits, der seit kurz vor Weihnachten Teile der US-Regierung stilllegt, steht weiterhin die Forderung Trumps nach Geld für eine Mauer an der Grenze zu Mexiko. Die Republikaner wollen deshalb über Trumps Vorschlag abstimmen lassen, der 5,7 Milliarden Dollar für den Bau einer Grenzmauer vorsieht. Im Gegenzug würde rund einer Million Migranten drei Jahre lang Schutz vor Abschiebung garantiert. Der Entwurf der Demokraten sieht eine vorübergehende Finanzierung der stillgelegten Teile der Regierung bis zum 8. Februar vor. Damit wollen sie ein Zeitfenster schaffen, um mit Trump über Grenzsicherung zu verhandeln.

Trump will erst die Finanzierung der Mauer sicherstellen und dann die Regierung wieder öffnen. Er hat angekündigt, kein Budgetgesetz zu unterzeichnen, das die Mittel für eine Mauer nicht beinhaltet. Die Demokraten lehnen die Finanzierung der Grenzmauer dagegen strikt ab. Die Demokraten haben sich Verhandlungen verweigert, bis Trump die Einschränkung des Regierungsbetriebs beendet. Die Demokraten glauben, dass Trump die Shutdown-Taktik wieder nutzen würde, wenn sie sich als erfolgreich erweist.

Über den Gesetzesentwurf des republikanischen Senats-Mehrheitsführers McConnell gab es zudem Belustigung unter den Demokraten. Er enthält eine vorübergehende Verlängerung des Schutzes für Einwanderer, die als Kinder illegal in die USA gebracht wurden, aber zugleich neue Einschränkungen für Zentralamerikaner, die Schutz in den USA suchen. McConnell warf den Demokraten vor, „politischen Kampf mit dem Präsidenten“ einer Lösung des Shutdowns vorzuziehen, der seit 32 Tagen andauert.

Trump kritisierte am Dienstag auf Twitter, die Demokraten spielten „politische Spielchen“. Er rief seine Anhänger dazu auf nicht nachzugeben. Die Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, die Demokratin Nancy Pelosi, verlangte von Trump und den Republikanern, das amerikanische Volk nicht länger „als Geisel zu halten“. Die Regierung müsse sofort wieder geöffnet werden.

Nach einer baldigen Lösung des Konflikts sieht es somit nicht aus. Dabei wäre das mehr als dringend notwendig für die 800.000 US-Amerikaner und ihre Familien, von denen viele dringend auf ihre Gehaltsschecks angewiesen sind. Viele Amerikaner hangeln sich ohnehin von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck – wenn einer ausbleibt, tut das sofort der ganzen Familie weh. Der Sender CNN berichtete kürzlich, dass sich betroffene Staatsbedienstete in ihrer Not an „Food Banks“ wenden - also an Tafeln, die gratis Lebensmittel ausgeben.

Gefahr für US-Wirtschaft steigt, Notenbank im „Blindflug“

Auch die amerikanische Wirtschaft spürt nach Jahren des Booms derzeit erstmals mächtig Gegenwind. „Mit jedem Tag, den der Government Shutdown anhält, sind die negativen Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft kritischer zu beurteilen“, sagt der US-Experte des Bankhauses Lampe, Bastian Hepperle. Jede Woche drückt der Haushaltsstreit das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft um mindestens 0,1 Punkte. Das seien aufs Jahr hochgerechnet etwa 18,7 Milliarden Dollar, so Hepperle. „Diese Effekte werden wahrscheinlich umso größer, je länger der Shutdown andauert“, erklärt auch die Fondsgesellschaft DWS. Halte die Schließung der Regierungsbehörden das gesamte erste Quartal über an, könnte das Bruttoinlandsprodukt um mindestens zwei Prozent gedrückt werden.

Der Streit bedroht vor allem den privaten Konsum, der rund 70 Prozent zur US-Wirtschaftsleistung beiträgt. Einzelhändler wie Macy's und Nordstrom klagten deshalb bereits im Dezember über schleppende Geschäft. „Es wird einige Branchen geben, die nachhaltige Schäden erleiden werden, darunter Restaurantbetreiber“, sagt der Chefökonom des Finanzhauses TS Lombard, Steven Blitz. Dazu gehören Ketten wie McDonald's, Chipotle und Starbucks. Analysten gehen davon aus, dass sie einmal entgangene Umsätze nicht wieder wettmachen können. Auch Einzelhändler wie Walmart oder Kroger dürften nicht unbeschadet davonkommen. Die Kunden seien „sehr nervös, wohin das führt“, betont Kroger-Chef Rodney McMullen mit Blick auf den Haushaltszoff.

Gefahr droht aber auch von anderer Seite. So sind die Mitarbeiter der Transportation Security Administration (TSA), die für die Sicherheitskontrollen an US-Flughäfen zuständig sind, vom „Shutdown“ betroffen. Sie müssen zwar auch ohne Bezahlung zum Dienst erscheinen, doch hat sich inzwischen schon jeder zehnte der mehr als 50.000 Mitarbeiter krankgemeldet. Das kann zu zahlreichen Flugausfällen führen. „Dies ist ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für die USA, die aufgrund der Größe des Landes stark vom Luftverkehr abhängen“, warnt Commerzbank-Experte Weidensteiner.

Auch könnten Unternehmen angesichts des ungewissen Ausgangs in dem Konflikt mit Investitionen zögern. „Wir hören anekdotische Berichte über Unternehmen, die beginnen, Investitionspläne wegen der Unsicherheit auf Eis zu legen“, sagt die ehemalige Notenbank-Chefin Janet Yellen.

Eine längere Schließung der Regierungsbehörden könnte Gutverdiener ebenso treffen wie Arme. So sind die Essenzuschüsse für rund 40 Millionen Amerikaner vorerst nur bis Februar gesichert. Steuerzahler wiederum müssen befürchten, ihre langersehnte Steuerrückzahlung erst mit Verspätung zu bekommen.

Einstellen dürfte die Regierung zudem ihre regelmäßigen Zahlungen für Entwicklungs- und Beschaffungsprojekte, etwa in der Rüstungs- oder Luftfahrtindustrie. „Dies ist von den größeren Firmen sicherlich zu verkraften“, vermutet Weidensteiner. „Bei kleineren Zulieferern können diese Verzögerungen aber ernste Konsequenzen haben.“ Das sieht auch sein Kollege Hepperle so: „Problematischer wird es, wenn es infolge fehlender Gehaltszahlungen oder Aufträge zu Zahlungsausfällen oder Unternehmensinsolvenzen kommt.“

Aber nicht nur die Wirtschaft leidet unter dem „Shutdown“. Auch die US-Notenbank Fed klagt, dass ihr die Arbeit dadurch erschwert wird. Der einflussreiche Chef des Fed-Bezirks New York, John Williams, sagte jüngst, es fehlten wichtige Daten, auf deren Grundlage die Notenbank geldpolitische Entscheidungen treffe: Die Datenlage zwinge praktisch zu einem „Blindflug“, meint Commerzbank-Ökonom Weidensteiner. Verzichten müssen die Währungshüter vorerst auf die vom Handelsministerium und den dort angeschlossenen Statistikbehörden veröffentlichten Zahlen - etwa Einzelhandelsumsätze oder Bauausgaben. Auch die Veröffentlichung der für Ende Januar vorgesehenen Daten zum Bruttoinlandsprodukt sei zumindest stark gefährdet.

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