Knauß kontert

Angela Merkels afrikanischer Größenwahn

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Es gibt kaum deutsche Investitionen in Afrika

Dass die bisherige Entwicklungshilfe wenig nachhaltig wirksam ist, also keine selbsttragende wirtschaftliche Dynamik in den meisten Empfängerländern auslöst, wird immer offensichtlicher. In der Bundesregierung und nicht nur dort setzt man jetzt auf privatwirtschaftliche Investitionen. Nicht mehr gute Werke tun, sondern gemeinsam gute Geschäfte machen, lautet die neue Devise. Merkel wünscht sich letztlich folgendes: Afrika soll an der ökonomischen Globalisierung teil haben, soll vom Almosenempfänger zum Investitionsziel werden. Soll also die Entwicklung nachvollziehen, die Ost- und Südostasien seit einigen Jahrzehnten erleben. 300 Millionen Euro hat sie reformorientierten Musterstaaten bei der „Partnerschaftskonferenz mit Afrika“ schon zugesagt, um private Investoren anzulocken.

Ein Blick auf die Tatsachen zeigt, dass die privaten Investoren tatsächlich alles andere als erwartungsvoll nach Afrika blicken. Der Kontinent interessiert sie fast gar nicht. Der saldierte Bestand aller deutschen Direktinvestitionen in allen afrikanischen Ländern (inklusive der nordafrikanischen) hat zwischen 2012 und 2015 (aktuellste Zahlen) sogar leicht abgenommen: Von 7,889 Milliarden auf 7,243 Milliarden Euro. Selbst in kleinen EU-Ländern wie Ungarn investieren deutsche Unternehmen deutlich mehr als auf dem gesamten afrikanischen Kontinent. In Spanien sind deutsche Investoren viermal so aktiv wie in Afrika.

Doch nicht einmal diese Zahlen geben ein realistisches Bild der Attraktivität Afrikas für die deutsche Wirtschaft ab. Denn weit über die Hälfte der Afrika-Investitionen betreffen die Republik Südafrika. Hier haben unter anderem VW und Mercedes-Benz Produktionsstandorte. Danach folgt Ägypten und die anderen arabischsprachigen Länder Nordafrikas. Selbst große und halbwegs stabile subsaharische Länder wie Kenia sind nur mit Klecker-Beträgen von weniger als 100 Millionen Euro präsent. Die meisten afrikanischen Länder tauchen in der Statistik der Bundesbank überhaupt nicht auf, weil deutsche Unternehmen in ihnen praktisch gar nicht investieren.

So vermögend sind afrikanische Regierungschefs
Ex-Präsident Yahva Jammeh verlässt Gambia Quelle: dpa
José Eduardo dos Santos Quelle: AP
Mohammed VI. Quelle: AP
Paul Biya Quelle: AP,AP
Joseph Kabila Quelle: dpa
Uhuru Kenyatta Quelle: AP
King Mswati III Quelle: AP

Auch als Ziel deutscher Exporte ist Afrika eher unbedeutend. Nur für 24,5 Milliarden Euro kauften 2016 alle Afrikaner deutsche Waren und Dienstleistungen ein. Die Schweizer importierten mehr als doppelt so viel, die Niederländer dreimal so viel.

Besonders traurig, nämlich rückläufig, ist die Statistik der deutschen Importe aus Afrika. Während 2014 noch Waren im Wert von über 20 Milliarden Euro aus Afrika nach Deutschland verkauft wurden, waren es 2016 nur 16,6 Milliarden. Auch hier ist Südafrika einsamer Spitzenreiter, gefolgt von den Maghreb-Staaten.   

Das ganze Gerede vom „Chancenkontinent“ entpuppt sich beim Blick in die Statistik also als ziemlich leer. Mit diesen Zahlen im Hinterkopf muss man daher auch das pünktlich zum G20-Gipfel vorgestellte „Fünf-Punkte-Programm“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie lesen. Es ist letztlich nichts anderes als eine Erklärung dafür, dass die deutsche Industrie bisher eben gerade nicht in Afrika investiert: „Um wirtschaftliches Wachstum in nachhaltige Entwicklung zu transformieren und mehr Investitionen anzuziehen, ist eine Veränderung der politischen und sozialen Rahmenbedingungen notwendig. Viele Investitionshemmnisse wie Korruption oder Rentiergesellschaften sind vorwiegend politischer Natur und können weder finanziell, noch technisch gelöst werden.“ Das möchte man der Kanzlerin und all jenen zur Lektüre empfehlen, die glauben, man könne Afrika von außen zu einem Wirtschaftswunder verhelfen.

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