König Bhumibol Der kranke Halbgott bestimmt Thailands Schicksal

Trügerische Stabilität in Thailand: Das Volk bangt um den kranken König. Die Gerüchte haben schon jetzt einen Börsencrash in Bangkok ausgelöst. Der Tod des Monarchen könnte die Militärdiktatur in neue Unruhen stürzen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Volk bangt um den kranken Morachen. Quelle: AP

Bangkok Sie sind gekommen, um zu beten: Mehr als 100 Thailänder haben sich am Mittwoch vor dem Siriraj-Krankenhaus in Bangkok versammelt, in dem ihr schwer kranker König Bhumibol Adulyadej behandelt wird. Sie zünden Räucherstäbchen an und halten Portraitfotos des 88-jährigen Monarchen in die Luft. Der Gesundheitszustand des längstdienenden Staatsoberhaupts der Welt ist nach jüngsten Angaben aus dem Palast instabil. Das Land fürchtet um seinen Anführer, der in der Bevölkerung wie ein Halbgott verehrt wird.

Bhumibol gilt in dem politisch tief gespaltenen Land als eine der wenigen einenden Kräfte. Die Sorge um seine Gesundheit geht mit der Sorge um Thailands Stabilität einher.

Die Nachrichten aus dem Königshaus haben Thailands Finanzmärkte in einen Schockzustand versetzt. Nach der jüngsten Gesundheitsmitteilung aus dem Palast gab Thailands Leitindex SET am Montag um fast drei Prozent nach. Am Mittwoch stürzte die Börse dann zeitweise um bis zu 6,9 Prozent ab.

Zuvor war bekannt geworden, dass der Chef der regierenden Militärjunta, Prayuth Chan-ocha, eine Dienstreise abgebrochen hatte, um nach Bangkok zurückzukehren. Er empfing dort am Flughafen den aus Deutschland angereisten Maha Vajiralongkorn. Der Kronprinz verbringt regelmäßig viel Zeit in München und Umgebung.

Die thailändische Landeswährung Baht gab angesichts der Turbulenzen am Mittwoch im Vergleich zum US-Dollar um 1,1 Prozent nach. Ausländische Investoren zogen nach Angaben des Finanzdienstes Bloomberg allein am Montag und Dienstag mehr als 400 Millionen Dollar von thailändischen Staatsanleihen ab.

„Die Nachrichten über den Gesundheitszustand des Königs bringen einen neuen Unsicherheitsfaktor für Thailands politische Lage und belasten deshalb die Stimmung der Investoren“, sagt Krystal Tan, Analystin des Beratungshauses Capital Economics im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Es gibt offensichtlich die Befürchtung, dass die Thronfolge zu neuer Unruhe im Land führen könnte.“


Diskussionen über die Thronfolge sind tabu

Eine öffentliche Diskussion der Thronfolge ist in Thailand tabu. Ein strenges Majestätsbeleidigungsgesetz verhindert Debatten über die Zukunft der Monarchie. Der 64-Jahre alte Kronprinz Vajiralongkorn hat bisher noch nicht die extreme Beliebtheit seines Vaters Bhumibol erreicht, der seit 1946 im Amt ist.

Aus dem thailändischen Alltag ist der Rekordmonarch nicht wegzudenken: Bhumibols überlebensgroße Portraitfotos hängen in Bangkok an vielen Hochhauswänden. Vor jedem Kinofilm bekommen die Thailänder einen Kurzfilm über ihren König zu sehen. Öffentliche Auftritte gab es aufgrund Bhumibols gesundheitlicher Probleme zuletzt aber selten. Auch zu seinem 70-jährigen Thronjubiläum im Juni wandte sich Bhumibol nicht an sein Volk.

Analystin Tan sieht Thailand vor erheblichen Herausforderungen. Die politisch vergleichsweise ruhige Zeit seit dem Militärputsch im Jahr 2014 habe Südostasiens zweitgrößter Volkswirtschaft geholfen, sich zu erholen – das Wachstum im ersten Halbjahr war das stärkste seit drei Jahren. „Neue politische Instabilität könnte diese Erholung aber schnell zunichte machen“, glaubt sie. Davon wäre ihrer Meinung nach vor allem der Tourismussektor betroffen, der für rund zehn Prozent der Wirtschaftsleistung steht und zuletzt einer der stärksten Wachstumstreiber war. Der Aktienkurs der halbstaatlichen Fluggesellschaft Thai Airways gab seit Freitag um mehr als zwölf Prozent nach.

Das Königshaus hat in Thailand auch durch seine vielfältigen Beteiligungen eine hohe wirtschaftliche Bedeutung: Das Crown Property Bureau (CPB), das das Vermögen der Monarchie verwaltet, hält unter anderem Anteile an dem Mischkonzern Siam Cement und der zweitgrößten Bank des Landes, der Siam Commercial Bank. Zudem verwaltet das CPB Grundstücke in Bangkok mit einer Gesamtgröße von mehr als 50 Quadratkilometern.

Das Königshaus ist zudem Eigentümer der Hotelkette Kempinski. Der Gesamtwert des Vermögens beläuft sich Schätzungen zufolge auf mehr als 30 Milliarden Dollar – im globalen Vergleich der Königshäuser stünden die Thailänder damit an der Spitze.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%