Kolumbien Einigung mit Rebellen nährt Hoffnung auf Frieden

Nach über 220.000 Toten sehnt Kolumbien den Frieden herbei. Das Paket für einen Friedensvertrag mit den Farc-Rebellen steht, im Oktober soll das Volk darüber abstimmen. Die Wirtschaft dürfte vom Ende des Konflikts profitieren.

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Der Verhandlungsführer der kolumbianischen Rebellenarmee Farc, Ivan Marquez (l.) und der Verhandlungsführer der kolumbianischen Regierung, Humberto de la Calle (r.), schütteln sich nach dem erfolgreichen Ende der Friedensverhandlungen die Hand. Quelle: Reuters

Bogotá/Havanna Nach fast vierjährigen Verhandlungen hat die kolumbianische Regierung mit den linken Farc-Rebellen Frieden geschlossen. Seit 2012 war in der kubanischen Hauptstadt Havanna an einem Friedenspaket gearbeitet worden. Der Vertrag solle Ende September unterzeichnet werden, teilte die Regierung am Mittwoch mit. Das Ergebnis muss noch in einem Referendum vom Volk angenommen werden. Die Volksabstimmung soll im Oktober stattfinden.

Der Beauftragte des Auswärtigen Amts für den Friedensprozess in Kolumbien, der Grünen-Politiker Tom Koenigs, gratulierte „zum Durchbruch in den Verhandlungen um einen Friedensvertrag, der mehr als 50 Jahre Guerillakrieg beenden soll“. Koenigs forderte auch die kleinere Guerillatruppe ELN und „alle die, die nach wie vor auf den bewaffneten Kampf setzen“, zur Niederlegung ihrer Waffen auf.

Seit Tagen feilten Unterhändler der Regierung und der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia - Farc) an den letzten Details. Teilweise wurde über 18 Stunden am Stück verhandelt. Thema war unter anderem, wie die linksgerichteten Rebellen nach Niederlegung ihrer Waffen vor Angriffen durch rechte Paramilitärs geschützt werden können. Auch wie die Rebellen, die in den Drogenhandel involviert sind, ein politisches Projekt gründen können, stand zur Diskussion.

Mit der Unión Patriótica (UP) versuchte die Farc in den 1980er Jahren schon einmal, in die Politik einzusteigen. Paramilitärs töteten Tausende Anhänger und Politiker der UP – worauf sich der Kampf im Untergrund verschärfte.

Diskutiert wurde zuletzt vor allem noch die Finanzierung des Friedensprozesses und die Sicherung von 17 Friedenszonen im Land, in denen frühere Farc-Kämpfer legal leben können. Bereits vereinbart ist eine Sonderjustiz mit Haftstrafen von maximal acht Jahren. Rund 2000 inhaftierte Kämpfer können beim Abschluss eines Vertrags auf ihre Entlassung hoffen. Derzeit soll die Farc noch 8000 Kämpfer haben.

Ein Waffenstillstand war schon Ende Juni erreicht worden. Einer Studie zufolge ist durch die Verhandlungen die Intensität des Konfliktes auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Kämpfe zwischen Militär und Rebellen 1964 gesunken. In den vergangenen Monaten habe es die wenigsten zivilen Opfer, getöteten Kämpfer und gewaltsamen Aktionen gegeben, teilte das Zentrum für Konfliktstudien (CERAC) mit. Im internen Konflikt Kolumbiens starben seit den 1960er Jahren über 220 000 Menschen; rund fünf Millionen Menschen wurden zu Flüchtlingen.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos bei einem Treffen in Bogotá wirtschaftliche und politische Unterstützung in Höhe von mehr als 400 Millionen Euro zu.

Nach dem Ende des Konflikts wird ein weiterer Anstieg der Wirtschaftsleistung erwartet, da Unternehmen dann auch in bisher unsicheren Regionen investieren könnten. Für 2016 wird ein Wachstum von rund drei Prozent erwartet - das stärkste in Südamerika. Bereits 2015 legte die Wirtschaftsleistung in Kolumbien um 3,1 Prozent zu. Deutschland ist inzwischen der viertgrößte Lieferant von Waren nach Kolumbien und der achtgrößte Abnehmer kolumbianischer Produkte. Dazu gehören Kaffee, Bananen, Palmöl, Schnittblumen und Steinkohle.

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