Kolumbien Papst Franziskus versucht, Frieden zu stiften

Papst Franziskus besucht Kolumbien. Nach mehr als 220.000 Toten und 50 Jahren Konflikt gibt es in dem Land einen historischen Friedensprozess – doch der ist sehr fragil. Auf dem Papst ruhen große Hoffnungen.

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Der Papst soll den historischen Friedensprozess im Land stärken. Mit ihm gilt das Motto „Erbauer des Friedens, Förderer des Lebens“. Quelle: dpa

Bogotá Mehr als eine halbe Million Menschen haben Papst Franziskus in Kolumbien einen begeisterten Empfang bereitet. Bereits bei der Landung in der Hauptstadt Bogotá stand das den Besuch dominierende Thema des historischen Friedensprozesses im Mittelpunkt.

Dutzende Kriegsopfer in Rollstühlen begrüßten den Papst, der sie umarmte. Bei der Fahrt mit dem Papamobil in die Stadt gab es zeitweise kein Durchkommen mehr, die Sicherheitsleute reagierten sichtbar nervös. „Verliert nie die Hoffnung und die Freude“, sagte der Papst mit Blick auf den Friedensprozess.

Der Sohn der von der Guerillagruppe Farc entführten Politikerin Clara Rojas überreichte dem Papst eine Friedenstaube aus Porzellan. Er wurde in der Gefangenschaft seiner Mutter geboren – Rojas war 2002 zusammen mit der Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt entführt worden und kam erst 2008 frei. Der Vater ihres Sohns Emmanuel ist ein Farc-Guerillero.

Der Besuch des Papstes fällt in eine kritische Phase: Die Zustimmung zu Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos ist stark gesunken - ihm werden zu viele Zugeständnisse an die Farc-Guerilla vorgeworfen, die die Waffen nach fast 50 Jahren Konflikt abgegeben hat.

So gibt es milde Strafen für Verbrechen, Sozialleistungen beim Übergang in ein normales Leben. Zudem werden der neuen Farc-Partei, die sich als Anwalt der armen Landbevölkerung sieht, bis 2026 zehn Kongresssitze und entsprechende finanzielle Zuwendungen garantiert.

Santos setzt angesichts der wachsenden Gegnerschaft auf die Unterstützung des Papstes. Das Motto des Besuchs lautet: „Gehen wir den ersten Schritt.“ Der Vatikan hat bei den vierjährigen Friedensverhandlungen mit der Farc eine führende Rolle gespielt - kurz vor dem Papstbesuch erklärte auch die letzte verbliebene Guerillaorganisation ELN einen bis Ende des Jahres befristeten Waffenstillstand. Auch die ELN kann sich eine Aufgabe des bewaffneten Kampfes und einen Friedensvertrag vorstellen.


„Danke, dass sie den Frieden unterstützen“

Der langjährige Farc-Chef Rodrigo Londoño unterstrich die großen Hoffnungen, die mit dem Besuch verbunden sind: „Danke, dass sie den Frieden unterstützen“, teilte er bei Twitter mit. „Dieses wunderbare Volk empfängt sie mit großem Enthusiasmus.“

Mehrere Millionen Menschen werden bei den Besuchen in Bogotá, in der früheren Konfliktregion Villavicencio sowie in Medellín und Cartagena erwartet. An der Messe in Villavicencio sollen auch 6000 Opfer des 50 Jahre währenden Konflikts und Ex-Guerillakämpfer teilnehmen. Im Konflikt zwischen linker Guerilla, Militär und rechten Paramilitärs starben rund 220.000 Menschen.

Mit Spannung wird erwartet, was der aus Argentinien stammende Papst zur Lage im Nachbarland Venezuela sagen wird - er hatte Präsident Nicolás Maduro mit eindringlichen Worten vor einem Ende der Demokratie im Land mit den größten Ölreserven gewarnt.

Der Appell, auf die Einsetzung einer neuen Volksversammlung zu verzichten, die das Parlament inzwischen entmachtet hat, verhallte aber ungehört. Kritiker sprachen von einem Fehlschlag der Vatikan-Diplomatie, weil der Appell des Papstes viel zu spät gekommen sei.

Vor Franziskus hatten Papst Paul VI. im Jahr 1968 und Johannes Paul II. im Jahr 1986 Kolumbien besucht - bei dem letzten Besuch stand das Gedenken an die rund 25.000 Todesopfer im Vordergrund. Sie waren 1985 nach einem Vulkanausbruch ums Leben gekommen, der eine Schlamm- und Gerölllawine ausgelöst hatte.

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