Kommentar Warum Nordkorea unberechenbar ist und bleibt

Nordkoreas Machthaber nach seinem Besuch in Südkorea. Quelle: AP

Erst probte Kim Jong Un die Annäherung an die Weltgemeinschaft. Jetzt droht Pjöngjang, das Treffen mit Trump abzusagen – und bleibt so seiner Taktik treu.

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Seit Monaten dominiert in der Diskussion um die globale Sicherheitslage eine Frage: Meint es Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wirklich ernst, wenn er von einer nuklearen Abrüstung spricht? Kann es US-Präsident Donald Trump wirklich beim Gipfeltreffen am 12. Juni gelingen, den heiklen Konflikt zu entschärfen?

Alles schien zumindest darauf hinzudeuten, dass Nordkorea zu einem Kompromiss bereit sein könnte. Schließlich hatte Kim Jong Un einen vorläufigen Stopp der Atomtests angekündigt und sogar inhaftierte US-Amerikaner freigelassen. Doch jetzt das: Ein geplantes Treffen zwischen Vertretern aus dem Norden und Süden Koreas soll kurzfristig von Pjöngjang abgesagt werden, wie die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA ankündigte.

Als Grund gibt Nordkorea den Missmut über die regelmäßig stattfindenden Militärmanöver von Südkorea und den Vereinigten Staaten an. Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap spricht sogar davon, dass Nordkorea mit einer Absage des Gipfeltreffens zwischen Kim und Trump gedroht hat. Es wäre völlig überzogen, den Schritt schon jetzt als ein Ende der Öffnungspolitik zu bezeichnen. Doch er zeigt ganz deutlich, wie unberechenbar Nordkorea ist und bleibt.

Es gehört zur Taktik von Pjöngjang, immer wieder den Kurs zu ändern. Ständiger Strategiewechsel gehört zum festen Repertoire der nordkoreanischen Entscheider. Das mussten Trumps Vorgänger im Weißen Haus bitter erfahren. Jetzt kommt die Botschaft auch bei Trump an.

Es wäre sehr überraschend, wenn Nordkorea wirklich das geplante Gipfeltreffen lediglich wegen der gemeinsamen Manöver der USA und Südkoreas absagen würde. Doch die Drohungen geben einen Vorgeschmack darauf, wie geschickt Pjöngjang zwischen einer Annäherungspolitik und einem harten Konfrontationskurs wechseln kann.

Letztlich hilft eine zentrale Erkenntnis beim Blick auf den Konflikt auf der koreanischen Halbinsel: Die Atomwaffen sind aus Sicht der nordkoreanischen Führung die entscheidende Lebensversicherung.

Sie garantieren, dass sich kein Staat trauen würde, einen riskanten Militärschlag gegen das Regime zu planen. Und daher dürfte Kim kaum bereit sein, sich auf einen Deal einzulassen, bei dem er auf seine Atomwaffen verzichten muss.

An dieser harten Erkenntnis führt kaum ein Weg vorbei. Kim braucht die Atomwaffen als ultimative Lebensversicherung.

Ein Treffen mit Trump kann ihm internationales und innenpolitisches Ansehen einbringen. Doch letztlich zählt für ihn, ob er die Grundlagen behalten kann, langfristig an der Macht zu bleiben. Und die liegen für ihn vor allem in seinen Atombomben.

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