Kommentar zur Wahl in Portugal Schiedsrichter in einer heiklen Partie

Der neue portugiesische Präsident Rebelo de Sousa muss zwischen sehr unterschiedlichen Partnern der neuen Regierung vermitteln. Er wird wohl auf Dauer sein Recht nutzen müssen: Neuwahlen anzuordnen.

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Auf ihn könnten als neuer Präsident Portugals einige Herausforderungen warten, denn das Land ist politisch instabil. Quelle: AFP

Madrid Portugal hat mit Marcelo Rebelo de Sousa einen rechten Präsidenten gewählt, der eine linke Regierung beaufsichtigt. Der Regierung wäre ein linker Präsident zwar lieber gewesen – weil er sie womöglich weniger streng kontrolliert hätte. Der Präsident kann nicht nur das Parlament auflösen und Neuwahlen anordnen, sondern hat auch ein Vetorecht bei neuen Gesetzen. Rebelo de Sousa hat vor seiner Wahl aber erklärt, dass er den Kurs des neuen Premiers Antonio Costa unterstützt und nicht vorhat, in absehbarer Zeit das Parlament aufzulösen.

Die Frage ist in Portugal aber nicht, ob, sondern wann der Präsident das tun wird. Neuwahlen scheinen angesichts der instabilen Regierung so gut wie sicher. Um eine Mehrheit zu erhalten, hatten sich nach den Wahlen vom Oktober die Sozialisten mit Kommunisten und Ultralinken zusammengeschlossen. Beide Letztgenannten hatten im Wahlkampf radikale Forderungen wie einen Austritt Portugals aus Nato und EU gefordert. Um einen Konsens zu finden, haben sie konfliktträchtige Punkte vorerst hintan gestellt. Dabei wird es aber nicht vier Jahre lang bleiben können.

Die sozialistische Minderheitsregierung sitzt in der Zwickmühle: Sie ist die einzige in dem Dreier-Bündnis, die sich an die Defizitkriterien der EU gebunden fühlt. Just am Freitag hat sie einen Haushalt verabschiedet, der zahlreiche Sparmaßnahmen zurück dreht und das Haushaltsdefizit bei 2,6 Prozent veranschlagt. Die Vorgänger-Regierung hatte für 2016 noch ein Defizit von 1,8 Prozent in Aussicht gestellt.

Die Sozialisten haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie halten sich ihre radikalen Unterstützer gewogen – dann riskieren sie ein Zerwürfnis mit der EU. Oder sie erfüllen wie die Vorgänger-Regierung die Forderungen aus Brüssel – dann werden ihre Partner im Parlament rebellieren.

Der Spagat ist auf Dauer schwer zu bewältigen. Neuwahlen könnten sogar durchaus im Interesse der Sozialisten sein: Sie verteilen derzeit soziale Wohltaten und erhöhen die Ausgaben. Bei den Wählern kommt sowas nach harten Jahren des Sparens gut an. Deshalb ist gut denkbar, dass sie die Sozialisten bei einem erneuten Urnengang dafür belohnen.

Der neue Präsident wird gut prüfen müssen, ob in Lissabon in den kommenden Monaten nur politisch um die Macht gepokert wird oder die Regierung tatsächlich festgefahren ist.

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