Konflikt um Bergkarabach Staatschefs unterzeichnen neue Vereinbarung zur Waffenruhe

Unter russischer Führung versuchen Armenien und Aserbaidschan erneut die Kämpfe zu beenden. Russland und Türkei sollen nun Friedenssoldaten nach Bergkarabach schicken.

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Armenien und Aserbaidschan unternehmen unter Vermittlung von Russland einen erneuten Versuch, die Kampfhandlungen zu beenden. Quelle: dpa

Im Konflikt um die Südkaukasus-Region Bergkarabach haben sich der Regierungschef von Armenien und der Präsident von Aserbaidschan auf ein Ende aller Kampfhandlungen verständigt. Die neue Waffenruhe kam unter Vermittlung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zustande. Sie sollte am Dienstagmorgen um 1.00 Uhr Ortszeit (Montag, 22.00 Uhr MEZ) in Kraft treten. Das teilte der Kreml in der russischen Hauptstadt Moskau in der Nacht zum Dienstag der Agentur Interfax zufolge mit. Putin sagte, dass die Vereinbarung die Grundlage sei für eine langfristige Lösung des Karabach-Problems.

Zuvor hatte Kremlchef Wladimir Putin den Einsatz der Friedenssoldaten bekannt gegeben. Armenien hatte dies vorgeschlagen. Russland zeigte sich offen für den Vorschlag, betonte aber auch, dass Aserbaidschan einem solchen Schritt zustimmen müsse. Bei der Fernsehansprache sagte Putin allerdings zunächst nichts zu türkischen Friedenssoldaten. Es war unklar, wo genau diese eingesetzt werden sollen.

Es werde eine gemeinsame Friedensmission von Türken und Russen geben, sagte der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev der Agentur Interfax zufolge in Baku in der Nacht zum Dienstag. Von russischer Seite würden 1960 Soldaten eingesetzt für die Zeit von fünf Jahren mit der Option einer Verlängerung um weitere fünf Jahre. Zur Zahl der türkischen Soldaten machte Aliyev zunächst keine Angaben.

Aserbaidschan beruft sich in dem Konflikt auf die Unterstützung der Türkei. Russland gilt als Schutzmacht Armeniens.

Russische Friedenstruppen sollen nun das Ende der Kampfhandlungen überwachen. Demnach stimmten beide Seiten einem solchen bislang umstrittenen Vorschlag zu. Bisher gab es bereits drei Anläufe für eine Waffenruhe. Sie scheiterten allesamt. Es ist aber das erste Mal, dass die Staats- und Regierungschef eine solche Vereinbarung unterzeichneten.

Die Vereinbarung sieht demnach zudem einen Gefangenenaustausch vor. Beide Seite sollten die Leichen der getöteten Soldaten austauschen. Flüchtlinge sollen unter Aufsicht der Vereinten Nationen in ihre Heimat zurückkehren. Russische Grenztruppen übernehmen die Kontrolle über die Transportverbindungen zwischen Karabach und Armenien. Aserbaidschan und Armenien hätten sich verpflichtet, ihre aktuellen Positionen einzufrieren, sagte Putin weiter.

In Armenien begannen spontane Proteste gegen die Vereinbarung. Regierungschef Nikol Paschinjan sprach von einem schmerzhaften Moment, dass er die Vereinbarung habe unterzeichnen müssen. Demonstranten beschimpften ihn als Verräter und stürmten und verwüsteten seinen Regierungssitz

„Der Text ist für mich persönlich und für unser Volk schmerzhaft“, schrieb Paschinjan bei Facebook. Er habe sich aber nach reiflicher Überlegung und Analyse der Lage für eine Unterzeichnung entschieden, schrieb Paschinjan. Beobachter werteten das als Kapitulation.

Die Gefechte dauern bereits seit Ende September an. Die Zahl der Getöteten aufseiten Bergkarabachs war am Montag um 44 auf 1221 gestiegen, wie die Behörden mitteilten. Baku macht wegen der Zensurbestimmungen während des Kriegszustands keine Angaben zu Verlusten bei den Streitkräften.

Aserbaidschan verlor in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145.000 Bewohnern. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. Aserbaidschan beruft sich in dem neuen Krieg auf das Völkerrecht und sucht immer wieder die Unterstützung von seinem „Bruderstaat“ Türkei. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.

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