Kongress-Abstimmung Letzte Hürde für Trumps Steuerreform

Es wäre vor allem für US-Unternehmen ein Weihnachtsgeschenk mit Milliarden-Entlastungen. Noch in dieser Woche dürfte der Kongress in Washington nach langem Ringen eine umfassende Steuerreform verabschieden, Präsident Donald Trump könnte das Gesetz noch vor den Feiertagen unterzeichnen. Es wäre der wohl größte Erfolg seiner bisherigen Amtszeit - jenseits des Atlantiks aber sind Wirtschaftsverbände und Regierungen alles andere als begeistert. Quelle: dpa

Trumps Steuerreform geht in das Finale. Am Dienstag sollen die Abstimmungen im Kongress beginnen. Der genaue Zeitpunkt war noch unklar.

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Die Steuerreform der US-Republikaner wird am Dienstag aller Voraussicht nach ihre vorletzte Hürde nehmen, womöglich sogar ganz ins Ziel kommen. Zunächst soll das Abgeordnetenhaus in Washington abstimmen. Da die Republikaner in dieser Kammer klar die Überhand haben, wird dort eine komfortable Mehrheit für das Gesetz erwartet.

Danach steht als letzter Schritt die Abstimmung des Senats an, der zweiten Kammer des Kongresses. Dort sind die Dinge komplizierter. Es galt als möglich, dass der Senat ebenfalls noch am Dienstag abstimmt - sehr spät, in der Nacht zum Mittwoch oder erst am Mittwoch selbst.

Im Mittelpunkt des 500 Seiten starken Entwurfes steht eine massive Senkung der Ertragssteuer für Unternehmen von bisher 35 auf 21 Prozent. Auch die meisten übrigen Steuerzahler können davon ausgehen, dass sie zumindest vorübergehend weniger Geld an den Fiskus abführen müssen. Allerdings profitieren die Reichen entgegen den Erklärungen Trumps deutlich stärker als die Ärmeren und die Mittelschicht.

Trumps Steuer-Weihnachtsgeschenk
Es wäre vor allem für US-Unternehmen ein Weihnachtsgeschenk mit Milliarden-Entlastungen. Noch in dieser Woche dürfte der Kongress in Washington nach langem Ringen eine umfassende Steuerreform verabschieden, Präsident Donald Trump könnte das Gesetz noch vor den Feiertagen unterzeichnen. Es wäre der wohl größte Erfolg seiner bisherigen Amtszeit - jenseits des Atlantiks aber sind Wirtschaftsverbände und Regierungen alles andere als begeistert. Quelle: dpa
Was ist der Kern der US-Steuerreform?Das Paket umfasst Steuersenkungen im Umfang von knapp 1,5 Billionen Dollar (1,27 Billionen Euro). Zu den Kernpunkten gehört eine massive Senkung der Unternehmensteuern von derzeit 35 auf 21 Prozent. Auch die meisten übrigen Steuerzahler können davon ausgehen, dass sie zumindest vorübergehend weniger Geld an den Fiskus abführen müssen. Allerdings profitierten die Reichen entgegen Trumps Ankündigungen deutlich stärker als die Ärmeren und die Mittelschicht, so die Kritik der oppositionellen Demokraten. Quelle: dpa
Wie stehen die USA bei den Unternehmensteuern im internationalen Vergleich da?Derzeit sind die Steuern für Firmen sehr hoch. Bei einer Senkung auf 21 Prozent läge die größte Volkswirtschaft der Welt knapp unterhalb des Durchschnitts der meisten Wettbewerber (23 Prozent). Innerhalb der EU gibt es Länder, die ihren Unternehmen noch geringere Steuern ermöglichen - darunter Großbritannien und Irland. Die USA lägen nur knapp unter dem EU-Durchschnitt von etwas mehr als 22 Prozent. Quelle: dpa
Birgt die Reform Risiken für die Vereinigten Staaten?Die Risiken sind groß. Die ohnehin riesige Schuldenlast wird durch die enormen Entlastungen von Unternehmen und dadurch bedingte Mindereinnahmen des Staates noch größer. Kritiker merken an, künftige Generationen von Steuerzahlern hätten die Rechnung zu bezahlen. Zuletzt hatte die amtierende Notenbank-Chefin Janet Yellen ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht. Es droht ferner ein Überhitzen der ohnehin fast auf voller Kapazität fahrenden US-Wirtschaft. Die Anreize könnten verpuffen, weil die Unternehmen sich entscheiden könnten, nicht in die reife heimische Ökonomie zu investieren, sondern anderswo. Viele Ökonomen sprechen deshalb von einer „Unzeit“ für die Reform, die Trump aus politischen Gründen durchboxen will. Quelle: AP
Was sagen die Regierungen Europa und Deutschland?Sie warnen vor Wettbewerbsverzerrungen im Handel mit den USA. Peter Altmaier (CDU) und vier weitere europäische Finanzminister warnten in einem Brief an ihren US-Amtskollegen vor einer Benachteiligung ausländischer Firmen. Sorge bereitet ihnen etwa eine angedachte Steuer von 20 Prozent auf Zahlungen an Konzernteile außerhalb der USA - eine Art Sonderabgabe. Es geht um eine Regelung namens „excise tax“, die das Repräsentantenhaus gefordert hatte. Dies würde etwa Autokonzerne mit Produktionsstandorten in den USA treffen, weil sie viele Teile für die Montage etwa aus Deutschland einführen. Unklar blieb, ob in dem nun gefundenen, fast 500 Seiten starken Kompromiss mit dem Senat eine solche Regelung - die zu einer Doppelbesteuerung führen könnte - noch enthalten ist. Experten der Bundesregierung sowie von Wirtschaftsverbänden prüfen dies derzeit intensiv. Aus Sicht des DIHK ist wohl nach wie vor geplant, einen Teil der konzerninternen Leistungen steuerlich höher zu belasten: „Man wird hier noch genauer prüfen müssen, welche Leistungen im Detail betroffen sind und ob damit nicht gegen internationale Vereinbarungen verstoßen wird.“ Quelle: dpa
Was könnten Folgen der Reform für die deutsche Wirtschaft sein - kommt es zu einem Steuerwettlauf?Viele Politiker in Europa - unabhängig von Parteigrenzen, aber auch Wirtschaftsverbände und Ökonomen - befürchten dies. Auch ohne eine Sondersteuer auf konzerninterne Zahlungen werden teilweise große Nachteile für die deutsche Wirtschaft befürchtet. Die größte Sorge: Durch die Senkung der Unternehmensteuern könnten Investitionen in die USA verlagert werden - und in Deutschland sinken. Dies könnte am Ende auf Kosten deutscher Jobs gehen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, bezeichnete die US-Reform bereits als „absolute Kampfansage“. Zwar könnten von einer Belebung der US-Konjunktur durch eine Steuerreform indirekt auch deutsche Unternehmen profitieren, denn die USA importieren viele deutsche Produkte. Allerdings: Eine Senkung der US-Unternehmensteuern schaffe Anreize für deutsche Unternehmen, profitable Investitionen in die USA selbst zu verlagern, sagte der Chef des Wirtschaftsforschungs-Instituts Ifo, Clemens Fuest: „Das ist aber schlecht für Deutschland, wir wollen diese Investitionen hier, wir brauchen die Arbeitsplätze und das Steueraufkommen.“ Der Europaabgeordnete Sven Giegold von den Grünen sagte: „Der Steuerwettbewerb wird fulminant angeheizt.“ Dies liegt aber auch daran, dass die USA eine neue Methodik zur Steuererhebung anwenden wollen, die mit den mühsam international vereinbarten Grundsätzen - etwa bei den G20 - nur schwer vereinbar ist. Quelle: dpa
Und welche Auswirkungen könnte eine US-Reform auf die Unternehmensteuern in Deutschland haben?Die deutsche Industrie hat sich schon klar positioniert: Wenn die USA die Steuern für Unternehmen senken, müsse Deutschland nachziehen. Sprich: Auch hier solle dann die Last verringert werden. Hierzulande liegen die Unternehmensteuern derzeit bei mehr als 30 Prozent. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, forderte, Deutschland werde die Steuerbelastungen seiner Wirtschaft überprüfen müssen. Die letzte umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung liege schon zehn Jahre zurück. BDI-Präsident Kempf sagte: „Steuerpolitik ist immer auch Standortpolitik.“ Quelle: dpa

US-Vizepräsident Mike Pence verschob wegen der Abstimmung seine Reise in den Nahen Osten. Die Republikaner haben im Senat eine deutlich knappere Mehrheit als im Abgeordnetenhaus. Außerdem wird Senator John McCain wegen einer Erkrankung nicht teilnehmen. Bei einem Gleichstand von 50 zu 50 Stimmen gäbe Pence mit seiner Stimme den Ausschlag. Die Demokraten wollen geschlossen gegen das Gesetz stimmen.

Nach den Abstimmungen in Repräsentantenhaus und Senat könnte US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket, das er historisch nennt, noch vor Weihnachten unterschreiben. Es wäre die für ihn größte Errungenschaft seiner bisherigen Amtszeit. Das Paket hat einen Umfang von knapp 1,5 Billionen Dollar.

Dafür nehmen die Republikaner im Widerspruch zu ihrem Wahlprogramm 2016 eine starke Aufblähung des Haushaltsdefizits in Kauf: Der überparteiliche Steuerausschuss des Kongresses geht von einem Anstieg in Höhe von einer Billion Dollar im Zeitraum von zehn Jahren aus.

Die Republikaner erwarten, dass sich die Reform durch eine gesteigerte Wirtschaftsleistung selber finanziert. Unabhängige Experten ziehen das in Zweifel.

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