Konjunktur Wie hart trifft uns der Abschwung?

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Rezessionssignale

Die Abkühlung in Asiens Powerhouse wird vor allem Japan zu spüren bekommen. Der Exportwirtschaft der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt droht wegen der konjunkturellen Abkühlung auf dem wichtigen Absatzmarkt USA ohnehin eine Abwärtskorrektur. Im Mai stiegen die japanischen Ausfuhren zwar noch, aber die Lieferungen in die USA sinken bereits seit neun Monaten. Erstmals seit Dezember 2006 wurden auch weniger Waren made in Japan nach Europa exportiert. Bisher fingen die Märkte in Südostasien und dem Nahen Osten die Verluste noch ab – ein Konjunktureinbruch in China oder Indien hätte jedoch für Japan und die Region verheerende Folgen.

Die Bremsspuren der abflauenden Weltkonjunktur spürt vor allem Deutschlands Vorzeigebranche Nummer eins, der Maschinen- und Anlagenbau, der 77 Prozent seiner Produktion exportiert. Im Mai brachen die Auftragseingänge um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr ein. Wegen des hohen Auftragsbestands hält die Branche an ihrer Prognose von fünf Prozent Wachstum der Produktion für 2008 fest. „Es ist noch zu früh, von einer Trendwende zu sprechen“, sagt Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer. Doch wie lange noch?

Preis- und Kostenschock. Neben der schlaffen Weltkonjunktur macht der deutschen Wirtschaft auch der Höhenflug der Rohstoffpreise mächtig zu schaffen. In der vergangenen Woche warnten die Industrieverbände der stahlverwendenden Branchen, die explodierenden Stahlpreise führten zu „nicht mehr kalkulierbaren Risiken für die gesamte Industriekonjunktur Deutschlands“.

In Teilen der Autoindustrie sind deshalb die zaghaften Hoffnungen des ersten Halbjahrs mit seinen guten Absatzzahlen verschwunden. „Als 2004 die Stahlpreise stiegen, war das für uns schon eine Riesenwelle“, sagt Manfred Puhlmann, Vorstandsvorsitzender des auf Dachsysteme und Scharniere spezialisierten Automobilzulieferers Edscha in Remscheid. „Aber das, was wir jetzt erleben, wird ein Tsunami.“

Die Dynamik lässt nach

Während einige Zulieferer mit hohem Rohstoffbedarf schon mit dem Rücken zur Wand stehen und nur dadurch überleben können, dass sie von ihren Kunden höhere Preise verlangen und die Zahlungsziele verkürzen, könnten die Autohersteller am Ende der Wertschöpfungskette auf ihren Mehrkosten sitzen bleiben. Denn ob sie die höheren Kosten an die Autokäufer weiterreichen können, ist mehr als fraglich in einem konjunkturellen Umfeld, in dem den Konsumenten immer weniger Geld zum Ausgeben zur Verfügung steht.

Die jüngsten Tarifabschlüsse haben den Arbeitnehmern zwar kräftige Lohnzuwächse beschert. Doch wegen der Explosion der Energie- und Nahrungsmittelpreise bleibt davon real kaum noch etwas übrig. So lag die Inflationsrate im Juni bei 3,3 Prozent, genauso hoch wie der Anstieg der Tarifentgelte in den ersten Monaten dieses Jahres. In den nächsten Monaten dürfte die Teuerungsrate weiter nach oben klettern. „Unsere Hoffnung, dass es dieses Jahr erstmals seit Langem wieder zu einem signifikanten Anstieg der real verfügbaren Einkommen kommt, ist geplatzt“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank.

Weil die gefühlte Inflation mit knapp zwölf Prozent noch höher ausfällt, sieht Kater für den privaten Konsum in diesem Jahr schwarz. Gerade mal um ein halbes Prozent werde der Verbrauch zulegen. „In diesem Umfeld schwächelnder Nachfrage werden die Unternehmen nur einen Teil der gestiegenen Rohstoffkosten in die Absatzpreise überwälzen können“, glaubt Kater. Folge: Die Gewinne der Firmen geraten unter Druck, die Investitions- und Beschäftigungspläne werden nach unten revidiert.

Schon jetzt lässt die Dynamik beim Jobaufbau spürbar nach. Legte die Zahl der Erwerbstätigen in den vergangenen Quartalen noch im Schnitt um 0,4 Prozent zu, so war die Zuwachsrate im zweiten Quartal mit 0,2 Prozent nur noch halb so hoch. DekaBank-Chefökonom Kater erwartet, dass im Herbst die Wende am Arbeitsmarkt kommt: „Dann wird die Beschäftigung sinken und die Arbeitslosigkeit steigen.“

Allein schon die hohen Ölpreise könnten nach Schätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) das Wirtschaftswachstum um 0,5 Prozent drücken und 150.000 bis 200.000 Arbeitsplätze kosten. Sollten die Tarifpartner bei den anstehenden Tarifrunden, vor allem in der Metallindustrie, den Bogen überspannen, dürften noch mehr Jobs auf der Strecke bleiben. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird nicht zögern, die Zinszügel weiter anzuziehen, um eine Lohn-Preis-Spirale zu verhindern. DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben ist daher überzeugt: „Wir müssen froh sein, wenn wir im nächsten Jahr beim Wachstum eine Eins vor dem Komma haben.“

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