Kopf-an-Kopf-Rennen nach Neuwahlen Kroatien droht politischer Stillstand

Die vorgezogenen Neuwahlen im jüngsten EU-Mitgliedsland dürften wieder keine Klarheit geschaffen haben. Es zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab – und damit eine Fortsetzung der politischen Unsicherheit in Kroatien.

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Doch nach den vorgezogenen Neuwahlen herrscht Rätselraten, welche Mehrheiten geschaffen werden können. Quelle: dpa

Zagreb Die vorgezogene Neuwahl in Kroatien hat wieder keine klaren politischen Verhältnisse geschaffen. Nach Prognosen des kroatischen Fernsehens vom Sonntagabend waren die beiden Großparteien im jüngsten EU-Mitgliedsland nahezu gleichauf. Die Sozialdemokraten (SDP) kamen demnach auf 58 der 151 Sitze im Parlament, die konservative HDZ auf 57. Königsmacher dürfte damit wie schon nach der Wahl im vergangenen November die Partei Most sein, die elf Mandate erreichte. Die übrigen Sitze teilen sich Kleinparteien sowie die acht Vertreter der Minderheiten wie Serben, Ungarn und Italiener.

Die HDZ hatte nach der letzten Wahl eine Koalition mit Most gebildet, diese war aber nach internen Grabenkämpfen im Juni auseinandergebrochen. Die politische Unsicherheit äußerte sich auch in der Wahlbeteiligung. Bis zum Nachmittag gaben lediglich 37,5 Prozent der 3,8 Millionen Wähler ihre Stimme ab. Staatspräsidentin Kolinda Grabar Kitarovic rief ihre Landsleute auf, wählen zu gehen. Die Zukunft des Landes liege in Händen der Wähler, sagte sie.

Der frühere Regierungschef Zoran Milanovic gab sich bei der Stimmabgabe am Sonntag noch zuversichtlich. „Wir haben gezeigt, dass wir kompetent sind und mehr Herz haben“, sagte er in Anspielung auf die gegnerische HDZ.

Politischer Stillstand hat Reformen verzögert, die Kroatien braucht, um zum Rest der Europäischen Union aufzuschließen. Das Land ist zwar weiter entwickelt als andere Balkanländer. Doch es hat eine der schwächsten Wirtschaften innerhalb der EU. Nach sechs Jahren Rezession zeichnet sich nun zwar eine Erholung ab, die Arbeitslosigkeit liegt aber bei EU-weit hohen 14 Prozent. Zudem heizten Politiker mit nationalischer Rhetorik die Spannungen mit dem früheren Balkankriegsfeind Serbien wieder an.

Die Wahllokale schlossen um 19.00 Uhr Ortszeit. Die Stimmenauszählung in Kroatien ist immer sehr langsam, obwohl nur 3,8 Millionen Bürger stimmberechtigt waren und schätzungsweise nur rund die Hälfte auch zur Wahl gegangen war. Die staatliche Wahlkommission hatte vorläufige Ergebnisse erst gegen Mitternacht angekündigt.

Koalitionsmöglichkeiten gibt es mit diesem Wahlergebnis viele. Daher erwarteten heimische Experten erneut langwierige Verhandlungen. Der Ausweg über eine große Koalition ist versperrt, beide Großparteien hatten sich immer wieder aus prinzipiellen und ideologischen Überlegungen dagegen ausgesprochen.

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