
Der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert ist wegen Bestechlichkeit zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht in Tel Aviv verkündete am Dienstag das Strafmaß, nachdem es den 68-Jährigen bereits Ende März schuldig gesprochen hatte.
"Ein Beamter, der Bestechungsgelder annimmt, gleicht einem Verräter", sagte Richter David Rosen bei der Urteilsverkündung im Bezirksgericht von Tel Aviv. Olmert sei ein Verbrecher, der zwar die meiste Zeit bewunderungswürdigen Dienst für die Gemeinschaft geleistet, dabei aber auch die eigenen Taschen gefüllt habe.
Es wurde erwartet, dass Olmerts Anwälte die Richter um Haftverschonung für ihren Mandanten bitten werden, bis der Oberste Gerichtshof ein Urteil im Berufungsverfahren fällt. Der neue Prozess könnte Monate dauern.
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Olmert in seiner Amtszeit als Bürgermeister von Jerusalem Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet etwa 115.000 Euro von einer Immobilienfirma angenommen hat. Im Gegenzug soll er ein umstrittenes Großbauprojekt für Luxuswohnungen unterstützt haben.
Das auf 700 Seiten begründete Urteil dürfte die Aussicht auf ein politisches Comeback des 68-Jährigen zunichtemachen. Der international für seine Bemühungen um eine Lösung des Nahost-Konflikts anerkannte Politiker will vor dem höchsten Gericht in Berufung gehen. Vor zwei Jahren war Olmert von Korruptionsvorwürfen in einem anderen Fall freigesprochen worden. Diese hatten ihn zum Rücktritt als Ministerpräsidenten gezwungen.
Der Jurist wird der politischen Mitte zugerechnet. Zu Beginn seiner politischen Karriere in den Siebzigerjahren konzentrierte er sich als Abgeordneter zunächst auf den Kampf gegen die organisierte Kriminalität in Israel. Von 1993 bis 2003 war er Bürgermeister von Jerusalem, von 2006 bis 2009 Ministerpräsident als Nachfolger des wegen eines Schlaganfalls nicht mehr regierungsfähigen Regierungschefs Ariel Scharon. Es ist das erste Mal, dass in Israel ein ehemaliger Regierungschef verurteilt wird. Der frühere Präsident Mosche Katsaw verbüßt seit 2011 eine siebenjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung.