Korruptionsskandal in Südafrika Wut, Enttäuschung, Jacob Zuma

20 Jahre nach Ende der Apartheid regiert mit Präsident Jacob Zuma ein früherer Freiheitskämpfer Südafrika. Dass er im Zentrum eines Korruptionsskandals steckt, sorgt für Frust. Es wird bereits Zumas Rücktritt gefordert.

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Südafrikas Präsident und ANC-Parteichef ist ein umstrittener Machtpolitiker. Quelle: SIPHIWE SIBEKO

Johannesburg Anti-Apartheid-Führer Mathews Phosa machte seinen Ärger mehr als deutlich. Vor geschichtsträchtiger Kulisse in einem ehemaligen Gefängnis aus der Ära der Rassentrennung legte der Freiheitskämpfer dem südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma jetzt in einer Rede offen den Rücktritt nahe. „Ich wünsche mir, dass wir in diesem Land einen langen Alptraum hinter uns lassen“, sagte Phosa – frei nach einem geflügelten Wort aus der Zeit des Watergate-Skandals in den USA.

Phosa sprach bei einer Feier zum 20. Jahrestag der Verabschiedung der Verfassung nach dem Ende der Apartheid. Seine gegen Zuma gerichtete Spitze rief unter den Zuhörern Gelächter hervor. Aber viele ältere Südafrikaner sind frustriert: Jahrzehntelang kämpften sie für eine Demokratie ohne Rassenschranken, nun sehen sie diese Ideale wegen der Korruptionsvorwürfe gegen Zuma verraten – auch wenn Zuma selbst einst als Aktivist gegen die Apartheid im Gefängnis saß und alle Vorwürfe zurückweist.

Zuma und seine Regierung soll von der wohlhabenden Unternehmerfamilie Gupta bestochen und politisch beeinflusst werden. „Guptagate“ sorgt für Empörung in Südafrika, die Opposition veröffentlichte den Song „Zupta must fall“ (Zupta muss stürzen) , der auf die Namen der Beteiligten anspielt. Die Unternehmerfamilie, die mit Zuma befreundet ist und mit seinem Sohn Geschäfte macht, soll einem Politiker Ministerposten im Gegenzug für bestimmte Konzessionen angeboten haben. Zuma wies die Vorwürfe zurück, die Einwandererfamilie Gupta sieht sich ihrerseits als Sündenbock und Opfer von Hassreden.

„Guptagate“ sorgt umso mehr für Unmut, wenn sich manche Südafrikaner an den Kampf für Demokratie zurückerinnern – als eine Zeit der Opfer, hoher moralischer Werte und letztlich der Versöhnung erinnern. Der Blick ist teils rosarot gefärbt. So geht es wohl auch Phosa, der das Ende der Apartheid auszuhandeln half. Er äußerte sich am Donnerstagabend auf dem Verfassungshügel in der Innenstadt von Johannesburg, wo das höchste Gericht des Landes seinen Sitz hat. Dort steht auch das Gefängnis Old Fort, wo einst Nelson Mandela einsaß.


„Ein guter Führer weiß, wann es Zeit ist zu gehen“

Anlass der Veranstaltung war die Eröffnung einer Ausstellung von Bleistiftzeichnungen wichtiger Persönlichkeiten auf beiden Seiten des Kampfes gegen die Apartheid sowie historischer Bilder und Videos, die in einem alten Zellenblock gezeigt werden. Zu den Gästen zählten Albertina Luthuli, die Tochter von Albert Luthuli, der 1960 für seinen Widerstand gegen die Herrschaft der Weißen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, Limpho Hani, die Witwe des ermordeten Anti-Apartheids-Führers Chris Hani, und der frühere Außenminister Pik Botha, der als einer der liberaleren Anhänger der Apartheid gilt.

Die aktuell unsichere politische Lage des Landes und die Vorwürfe, dass die Familie Gupta Einfluss auf die Ernennung einiger Kabinettsmitglieder in Zumas Regierung gehabt habe, waren unter den Teilnehmern der Veranstaltung stets präsent. „Ein guter Führer ist ein Führer, der weiß, wann es Zeit ist zu gehen“, sagte Phosa, früher Schatzmeister des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses.

Den Reigen der Redner beschloss Ivor Ichikowitz, ein südafrikanischer Unternehmer, dessen Familienstiftung die Ausstellung förderte. Ichikowitz, Leiter des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns Paramount, sagte, die Südafrikaner hätten nach dem Ende der Apartheid stärker auf Grundrechte wie Bildung dringen sollen. Der Industrielle beendete seine Rede mit einem Revolutionsruf aus Mosambik, der im Kampf gegen die Herrschaft der weißen Minderheit im gesamten südlichen Afrika verwendet wurde: „A luta continua!“ – portugiesisch für „Der Kampf geht weiter“.

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