Kreativpotenzial China: Reich der Ideen

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Die Liste der chinesischen Erfindungen ist lang: Drucktechnik, Schießpulver, Papiergeld, Kompass, Braukunst, Nudel, Seide, Salz, Sojaanbau, die Zahnbürste und sogar die Gabel. China war über Jahrhunderte eine der innovativsten Regionen der Welt.

Und heute? Seit Deng Xiaoping vor 30 Jahren die abgeschottete chinesische Wirtschaft öffnete, ist Gewaltiges passiert. China gehört inzwischen zu den größten Wirtschaftsnationen der Welt. Etliche chinesische Firmen haben es bis an die Weltspitze geschafft. Doch der Erfindergeist scheint erloschen. Keine einzige chinesische Erfindung konnte in den vergangenen Jahrzehnten die Welt erobern. Obwohl iPhone und Playstation, MP3-Player und Satellitennavigationsgeräte heute in China produziert werden – die Erfinder sitzen in Europa, den USA oder Japan.

Doch das wird sich schon bald ändern. Wer immer noch glaubt, dass China nur Billigware produziert und Ideen aus dem Westen abkupfert, verpasst den nächsten großen Trend in globalen Wirtschaftswelt: Chinas Aufstieg zum Weltzentrum der Innovation.

Je mehr China in die Weltwirtschaft integriert ist, je intensiver sich der Austausch von Waren, Dienstleistungen und Ideen mit anderen Ländern vollzieht, desto offener wird das Land für neue Trends – und un- » konventionelles Denken, die Triebfeder für Innovationen.

Kreativität ist der wichtigste Motor für Innovationen und wirtschaftliches Wachstum. Der amerikanische Ökonom Richard Florida hat in seinem Buch „The Rise of the Creative Class“ untersucht, was die Entstehung eines kreativen Umfeldes fördert. Florida kam zu dem Ergebnis, dass Technologie, Talent und Toleranz die entscheidenden Faktoren für die Entwicklung einer kreativen Gesellschaft sind. Westliche Metropolen wie New York, London, Berlin und Paris haben Generationen gebraucht, um dieses Umfeld zu schaffen. Doch viel spricht dafür, dass die Entwicklung in China schneller geschehen wird.

Schon jetzt wächst die Zahl der Forschungs- und Entwicklungszentren in China schneller als in jedem anderen Land der Welt. Ausländische Firmen haben daran einen großen Anteil. Nach einer Statistik des Pekinger Handelsministeriums haben multinationale Konzerne bis Ende vergangenen Jahres bereits 1160 Forschungs- und Entwicklungszentren in China gegründet. Nach einer Studie der Vereinten Nationen halten 62 Prozent der globalen Konzerne die Volksrepublik derzeit für den attraktivsten Forschungsstandort der Welt. Seit mehr als einem Jahrzehnt steigen Chinas Forschungsausgaben nach Berechnungen der OECD jährlich um 19 Prozent. Alle zwei Jahre verdoppelt sich auch die Zahl der Patentanmeldungen.

Vor allem Peking und Shanghai sind zur Wahlheimat für Tausende Kreative aus der ganzen Welt geworden. Der Bauboom lockt Architekten. Designer lassen sich hier nieder, um von den geringen Fertigungskosten zu profitieren und nahe an den Fabriken zu sein. Fotografen freuen sich über neue Motive, Schriftsteller und Autoren über spannende Themen. Die Stadtverwaltungen haben das Potenzial der kreativen Klasse inzwischen erkannt und fördern die Entstehung neuer kreativer Räume. Viele alte Fabrikviertel sind zu Künstler- und Kreativkolonien umfirmiert geworden.

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