Drehscheibe für die Verbreitung des Krisenvirus könnte die Sonderwirtschaftszone Hongkong sein. Über die dort ansässigen Banken und den sogenannten Offshore-Yuan können Chinesen die heimischen Kapitalverkehrskontrollen umgehen. Seit 2008 sind die Nettokredite Hongkonger Banken an Kunden vom Festland rasant gestiegen, derzeit erreichen sie fast 150 Prozent der Wirtschaftsleistung. 2007 lag die Quote noch bei 18 Prozent. Bereits kleine Verluste der Finanzinstitute bedeuteten große Probleme für Hongkong. Wegen des starken Engagements britischer Banken in der ehemaligen Kronkolonie wäre das Beben auch in der Londoner City zu spüren.
Häusermärkte unter Druck
Kollabiert Chinas Kreditpyramide, käme es auch zu weltweiten Erschütterungen an den Immobilienmärkten. Im Reich der Mitte ist das Überangebot an Wohn- und Büroflächen schon jetzt beachtlich. Schätzungen zufolge steht ein Viertel der Apartments im Land leer. In China haben sich die Preise für Wohneigentum seit 2008 im Schnitt verdoppelt. Doch im Januar sind die Preise in Städten wie Hangzhou und Changzhou erstmals gefallen. Landesweit hat sich der Preisauftrieb abgeschwächt. Immobilienentwickler haben ihre Preise gesenkt und Banken die Finanzierungen eingeschränkt oder ganz gestoppt. Chinesische Immobilienaktien sind auf den tiefsten Stand seit acht Monaten gefallen.
Nach Einschätzung von Zhiwei Zjang, Chefvolkswirt für China bei der japanischen Investmentbank Nomura, wird die chinesische Regierung einen aus dem Überangebot resultierenden Preisrückgang nicht aufhalten können. Das wiederum könnte die Banken in Bedrängnis bringen. Denn bei sinkenden Immobilienwerten wären ihre Kredite nicht mehr ausreichend besichert.
Die Chinesen haben ihre Kreditgelder aber nicht nur in den Kauf von heimischen Immobilien gesteckt. Das Geld floss auch in die Großstädte Asiens und Europas, nach London, Sydney, Toronto und Singapur. Beispiel London: Laut dem Immobilienentwickler Jones Lang LaSalle haben sich die chinesischen Immobilieninvestments in der britischen Hauptstadt zwischen 2010 und dem dritten Quartal 2013 um 1.500 Prozent erhöht, auf über eine Milliarde Pfund Sterling. Damit sind die Chinesen hinter Deutschen (1,2 Milliarden Pfund) und Amerikanern (1,1 Milliarden Pfund) die drittstärkste ausländische Käufergruppe in London.
Globale Kollateralschäden
Vor allem in London lassen sich Symptome einer Spekulationsblase erkennen. In Knightsbridge und Belgravia kostet ein Haus inzwischen durchschnittlich 4,4 Millionen Pfund Sterling, 342 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Rund 30 Prozent aller Neubauten im Zentrum von London im Wert von mehr als einer Million Pfund gehen an Käufer aus Schwellenländern, darunter China. Bei einer anhaltenden Krise dürften diese Käufer ausbleiben, die Häuserpreise auf Talfahrt gehen und die Banken Probleme bekommen.
Wie heftig ein Wachstumseinbruch im Gefolge einer Kredit- und Finanzkrise in China die Weltwirtschaft träfe, haben die Ökonomen der Bank Société Générale ausgerechnet. Sinkt die Wachstumsrate Chinas auf weniger als fünf Prozent, minderte dies das Wachstum der Weltwirtschaft um 1,5 Prozentpunkte. Das für dieses Jahr erwartete Wachstum der Weltwirtschaft halbierte sich.