Kredithilfe Die Rechnung für Deutschland steigt

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Szenario 1 - Gerettet

Euro Szenario 1 Quelle: DIW

Beginnen wir mit dem Wunsch aller Europäer: Die griechischen Reformen entfalten ihre heilende Wirkung, der Verkauf von Staatseigentum spült in den nächsten fünf Jahren 50 Milliarden Euro in die Athener Regierungskassen, und die hellenische Wirtschaft wächst und gedeiht. Die Griechen zahlen alle Kredite bis auf den letzen Cent mit Zins und Zinseszins zurück und versorgen sich ab 2015 wie jedes andere gesunde Mitglied der Euro-Zone am Kapitalmarkt mit neuem Geld.

Portugal und Irland berappeln sich ebenfalls, zweite Hilfspakete sind überflüssig. Der deutsche Steuerzahler freut sich. 5,5 Milliarden Euro zusätzlich beschert ihm die angebliche Rettung. Alles gut? Fehlanzeige: Im Laufe des Griechen-Dramas wurde der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) beschlossen, an den der deutsche Steuerzahler ab 2013 Geld geben muss. Das sind aus heutiger Sicht 19 Milliarden Euro. Deshalb liegt die Belastung für den Steuerzahler in der Summe bei 13,5 Milliarden Euro, haben die beiden DIW-Ökonomen Belke und Dreger berechnet.

Szenario 2 - Entlastet

Vielleicht ist Griechenlands Zukunft eher grau: Die Wirtschaft kommt nicht auf die Beine, die Verhandlungen mit Käufern für den bisherigen Staatsbesitz verlaufen zäh. Die Hellenen bekommen nur wenig los und vieles davon für einen schlechten Preis. Letztendlich bringen die Privatisierungen nur 25 Milliarden Euro ein – statt der erhofften 50 Milliarden. Der Haircut von 20 Prozent hat nichts gebracht, der Schuldenberg wächst weiter. An eine Rückzahlung der Kredite ist nicht zu denken.

Die Politiker ertragen dieses Trauerspiel nicht länger und erlassen den Griechen 60 Prozent ihrer Schulden. Die Ratingagenturen senken prompt den Daumen und stufen die Hellenen als zahlungsunfähig ein. An den Finanzmärkten löst das kaum Panik aus, die Abschreibungen der Banken für die Griechen-Anleihen in ihren Büchern bleiben überschaubar. Hier hatte ohnehin jeder den Bankrott erwartet.

Euro Szenario 2 Quelle: DIW

Zwar gibt die Europäische Zentralbank den hellenischen Finanzinstituten keinen Cent mehr, doch die Liquidität der griechischen Banken ist über das ELA-Kreditprogramm (Emergency Liquidity Assistance) der Nationalbanken gesichert. So halten sich die hellenischen Geldhäuser über Wasser bis die Bonitätswächter das Rating wieder anheben und die EZB ihre Staatspapiere wieder als Sicherheit akzeptiert. 2015 ist Gras über die Sache gewachsen. Die griechische Wirtschaft hat sich erholt, der Schuldenberg ist fast abgetragen, und private Kapitalgeber sind bereit, den Hellenen erneut Geld zu leihen.

Dass Griechenland ein weiteres Mal ausfallen wird, halten die meisten für ausgeschlossen. Der Zinssatz fällt daher moderat aus. Dem deutschen Steuerzahler entstehen aus heutiger Sicht Kosten von etwa 160 Milliarden Euro. Grund dafür sind neben den Einlagen für den ESM und Verlusten für den Teil der Kredite, der nicht zurückgezahlt wird, die Geschäfte der EZB mit Hellenen-Papieren. Die Notenbank hat für etwa 47 Milliarden Euro griechische Staatsanleihen gekauft und für Kredite von rund 90 Milliarden Euro an griechische Banken hellenische Staatsanleihen als Sicherheiten akzeptiert. Die so entstandenen Verluste muss der Steuerzahler ausgleichen.

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