Krieg in Syrien Winter erschwert Evakuierung Ost-Aleppos

Heftiger Schneefall, eisiger Wind und der schlechte Zustand der Fahrzeuge verzögern den Abtransport der letzten Bewohner und Rebellen aus Ost-Aleppo. Indes feiert sich Präsident Assad bereits als Sieger über den Terror.

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Ursprünglich sollten heute die letzten paar Tausend Menschen evakuiert werden, doch noch am späten Nachmittag warteten Kämpfer und Zivilisten in der bitteren Kälte auf ihren Abtransport. Quelle: AFP

Beirut Der Abzug der letzten verbliebenen Rebellen aus Ost-Aleppo verzögert sich weiter. Heftiger Schneefall, Wind und der schlechte Zustand der für die Evakuierung genutzten Fahrzeuge hätten den Zeitplan zurückgeworfen, hieß es am Donnerstag vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz. „Die Evakuierung wird die ganze Nacht andauern und vermutlich auch morgen.“

Ursprünglich war geplant gewesen, die letzten paar tausend Menschen noch am Donnerstag in 40 Bussen und Hunderten Privatfahrzeugen aus der Stadt zu bringen. Reporter der Nachrichtenagentur AP konnten sehen, wie ein Fahrzeug nach dem anderen von den früheren Rebellengebieten nach Raschidin westlich der Stadt fuhr. Doch viele Kämpfer und Zivilisten warteten auch am späten Nachmittag bei bitterkalten Temperaturen noch auf ihren Abtransport.

Die Rebellen hatten nach einer erbittert geführten Rückzugsschlacht gegen die Regierungstruppen zugestimmt, ihre letzten Stellungen in Aleppo zu räumen. Die Evakuierungen begannen vergangene Woche, wurden aber immer wieder unterbrochen. Den Vereinten Nationen zufolge sind bisher etwa 35.000 Rebellen und Zivilisten in Bussen aus den ehemaligen Rebellenvierteln gebracht worden. Seit Mittwoch waren es rund 4000. Das Staatsfernsehen meldete: „Aleppo wird in den nächsten Stunden frei von Terroristen sein.“

Im Gegenzug wurden auch die von Rebellen belagerten Schiitendörfer Fua und Kafraja in der Provinz Idlib evakuiert. Zwei Busse verließen nach einem Bericht des Hisbollah-Senders Al-Manar am Donnerstag die Orte. Zwei wurden solange zurückgehalten, bis auch Aleppo geräumt war.

Präsident Baschar al-Assad sagte, die vollständige Eroberung Aleppos sei ein „Meilenstein auf dem Weg zur Auslöschung des Terrorismus“ und bereite den Weg für ein Ende des Bürgerkrieges. Die größte Stadt des Landes und frühere Wirtschaftsmetropole war seit 2012 zwischen Regierungstruppen und Rebellen geteilt.

Nur rund 50 Kilometer nordöstlich von Aleppo lieferten sich türkische Regierungstruppen und verbündete Rebellen in Al-Bab heftige Gefechte mit der Terrormiliz Islamischer Staat. Seit Mittwoch seien 16 türkische Soldaten bei drei verschiedenen Selbstmordattentaten ums Leben gekommen, sagte Verteidigungsminister Fikri Isik. Türkische Kampfjets bombardierten im Gegenzug die IS-Bastion Al-Bab. Dabei seien mindestens 24 Zivilisten ums Leben gekommen, unter ihnen sieben Kinder, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Die UN-Vollversammlung beschloss am Mittwoch (Ortszeit) die Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen. Ein durch Beiträge der Mitgliedstaaten finanziertes unabhängiges Gremium solle für Untersuchungen eingesetzt werden, entschieden 105 von 193 Staaten. Durch den Beschluss könnte der UN-Sicherheitsrat umgangen werden, in dem Assads Verbündeter Russland ein Vetorecht hat.

Bereits untersucht haben die UN den vielfach verurteilten Luftangriff auf einen Hilfskonvoi bei Aleppo im September. Es sei „sehr wahrscheinlich“, dass die syrische Luftwaffe damals die Lastwagen mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten angegriffen habe, hieß es in einem Bericht der UN-Kommission, den Generalsekretär Ban Ki Moon in New York freigab. Eine definitive Schuldzuweisung könne man aber nicht abgeben. Es sei auch nicht klar, ob es ein absichtlicher Angriff auf einen humanitären Einsatz gewesen sei.

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