Legalisierung von Hanf Kiffen für den Staat

Vier US-Bundesstaaten haben bei der Präsidentschaftswahl für die Freigabe von Haschisch gestimmt. Die Regierungen profitieren von Steuereinnahmen. Doch was sagt Trump dazu?

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In Mexiko ist Cannabis jetzt legal erhältlich. Quelle: dpa
StimmungsumschwungUS-Präsident Barack Obama hatte im Januar mit der Bemerkung für Aufsehen gesorgt, er halte Kiffen nicht für gefährlicher als das Trinken von Alkohol. Zugleich bezeichnete Obama, der in seiner Jugend selbst zum Joint griff, das Rauchen von Marihuana in einem Interview mit der Zeitschrift "The New Yorker" aber als "schlechte Idee" und "Laster". Laut einer Umfrage des Nachrichtensenders CNN von Anfang des Jahres spricht sich mittlerweile eine Mehrheit von 54 Prozent der US-Bürger für die Legalisierung von Marihuana aus. Quelle: AP
MedizinIn 18 US-Bundesstaaten darf das Rauschmittel für medizinische Zwecke verwendet werden. Die medizinischen Bedingungen sind allerdings unterschiedlich streng. Während viele Staaten Marihuana nur bei Krebs und anderen schweren Erkrankungen erlauben, kann es in Kalifornien schon für Rückenschmerzen verschrieben werden. Quelle: AP
Was Banken dürfenIm Februar 2014 steckte die Regierung in Washington einen engen Rahmen ab, in dem die Finanzinstitute Dienstleistungen für die Cannabis-Branche erbringen können. Die Banken müssen demnach genau darauf achten, dass ihre Kunden über die nötigen Lizenzen verfügen und sich an die gesetzlichen Auflagen halten.  Dazu gehört unter anderem das Verbot, Marihuana an Minderjährige zu verkaufen oder mit Drogenkartellen zusammenzuarbeiten. Außerdem müssen die Banken den Behörden über ihre Marihuana-Geschäfte regelmäßig Bericht erstatten und „verdächtige Aktivitäten“ melden. Quelle: dpa
CoffeeshopsBisher konnten ihre Geschäfte nur in bar abwickeln. Die neuen Regeln würden „größere finanzielle Transparenz in der Marihuana-Industrie fördern“ und „die Gefahren reiner Bargeschäfte abschwächen“, begründete die Direktorin der Strafverfolgungsbehörde des Finanzministeriums, Jennifer Shasky Calvery, die neuen Richtlinien. Quelle: AP
GeldquellePer Volksentscheid legte Colorado die Steuern auf Cannabis fest: Im Großhandel beträgt die Abgabe 15 Prozent, im Einzelhandel zehn Prozent. Außerdem müssen Konsumenten die übliche Mehrwertsteuer von 2,9 Prozent entrichten. Allein im Januar flossen so 2,9 Millionen Dollar an Steuern und knapp 600.000 Dollar an Gebühren in die Staatskasse. "Der erste Monat des Marihuana-Verkaufs hat den Erwartungen entsprochen", sagte die Leiterin der Steuerbehörde von Colorado, Barbara Brohl. Quelle: dpa
Börsengang in KanadaTweed Marijuana Inc. ist der erste börsengehandelte Marihuana-Hersteller Kanadas. Die Aktie hat beim Börsendebüt Anfang April im Vergleich zum Preis der am 7. März erfolgten Privatplatzierung deutlich zugelegt. Zum Börsenschluss in Toronto kostete sie am vergangenen Freitag 2,59 Kanada-Dollar. Bei der Privatplatzierung betrug der Preis 89 Cent. Damit lag das Plus bei 191 Prozent. Quelle: Screenshot

Amerika ist ein geteiltes Land – das gilt auch bei der Frage um die Freigabe von Hanf. Fünf Bundesstaaten haben am 8. November nicht nur über den neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika abgestimmt, sondern auch darüber, ob der Anbau und Konsum von Marihuana in ihrem Bundesstaat künftig für jedermann erlaubt sein soll. Überall dort, wo Hillary Clinton den Sieg für sich als Präsidentschaftskandidatin einfuhr, wählten die Bürger mit Ja. In Arizona, wo Trump die meisten Stimmen einsammelte, lehnten die Wähler die Legalisierung ab.

Nun darf also in insgesamt neun Bundesstaaten der USA gekifft werden, ohne dass der Konsument der weichen Droge Angst haben muss, ins Gefängnis zu wandern oder eine saftige Strafe zu zahlen. Zuvor war der Joint bereits in den Westküstenstaaten Colorado, Alaska, Oregon, Washington und der Hauptstadt DC erlaubt worden. Doch wie freizügig die Regelungen in den weiteren vier Staaten sind, ist höchst unterschiedlich:

- Kalifornien erlaubt Erwachsenen, die älter sind als 21 Jahre, künftig den Besitz und Transport von 28,5 Gramm Marihuana. Außerdem darf jeder Bürger zu Hause bis zu sechs Hanfpflanzen züchten. Der Verkauf von Hanf wird ebenfalls erlaubt. Anders als viele andere Bundesstaaten wird auch der Konsum in Kiffershops spätestens ab Januar 2018 möglich sein. Kalifornien erhebt zusätzliche 15 Prozent auf die normale Umsatzsteuer von neun Prozent.

Wie sich der Marktpreis von Marihuana zusammensetzt

Hinzu kommen eine Anbausteuer von 9,25 Dollar pro 28,5 Gramm Pflanze. Der Bundesstaat rechnet damit pro Jahr mit Einnahmen von umgerechnet rund eine Milliarde Euro. Nach Abzug der Kosten etwa für den Aufbau einer Cannabis-Kontroll-Behörde soll das Geld zum Großteil in Jugend- und Umweltprogramme fließen.
- Nevada hat in etwa das gleiche Modell gewählt. Eine Besonderheit ist, dass die Produktion von Marihuana in den ersten 18 Monaten zunächst nur für Hersteller von Medizin-Hanf erlaubt ist, der in Nevada bereits seit 2000 legal angebaut und von Ärzten verschrieben werden darf.

Der Verkauf des Hanfs ist in den ersten anderthalb Jahren nur Getränkeläden vorbehalten, die Alkohol verkaufen dürfen. Interessant ist auch, dass der Staat die Zahl der Verkaufsläden pro Bezirk limitiert, um keine Kiffer-Community entstehen zu lassen.
- In Maine hat sich nur eine knappe Mehrheit von 50,17 Prozent für die Freigabe ausgesprochen. Möglicherweise lag das an der großzügigen Menge Marihuana, die ein Erwachsener ab 21 zu Hause horten darf: 71 Gramm. Jeder Bürger darf zudem bis zu zwölf Pflanzen zu Hause anbauen.

Wie Cannabis konsumiert wird

Neben dem Verkauf von Marihuana ist auch der Konsum in „Social clubs“ erlaubt. Maine erhebt eine zusätzliche Umsatzsteuer von zehn Prozent. Die Zahl der Verkaufsshops kann pro Bezirk beschränkt werden.

- Massachusetts erlaubt zwar keine Coffeeshops, in denen geraucht werden darf. Aber dafür wird der Verkauf von Cannabis nur gering besteuert. Die Steuer liegt bei zusätzlichen 3,75 Prozent zur Umsatzsteuer. Jeder Bezirk kann weitere zwei Prozent erheben. Der Bundesstaat erlaubt den Besitz und Transport von 28,5 Gramm Marihuana. Zu Hause dürfen sogar 285 Gramm gelagert werden. Außerdem sind sechs Pflanzen für den Eigenanbau erlaubt.
Wie unterschiedlich die einzelnen Modelle auch sind: Den Siegeszug der Kiffer halten Experten für kaum noch zu stoppen. Denn vor allem Kalifornien gilt als Schlüsselstaat für die Hanf-Industrie. Die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt erlaubt einen sehr liberalen Umgang mit Marihuana. Das dürfte weitreichende Folgen für ganz Amerika haben wird.

Hanf als Droge eingestuft

Es sei ein Irrglaube, „dass jeder Bundesstaat machen könne, was er wolle, ohne den anderen Staat zu beeinflussen“, sagt Jon Caulkins, Professor für Fiskalpolitik an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh und Autor des Buchautor zum Thema Marihuana. Kalifornien werde Cannabis für das restliche Land produzieren. Ob die anderen Staaten wollten oder nicht. „Die Produktionskosten gehen seit Längerem runter und werden wahrscheinlich noch weiter sinken“, sagt der Experte. Das werde die Preise auf dem Schwarzmarkt in anderen Bundesstaaten weiter drücken „und den Konsum überall in den USA erhöhen“.
Die Frage wird daher sein, wie es Donald Trump mit der Freigabe der Joints in immer mehr Bundesstaaten hält. Denn neben den neun Bundesstaaten, die den Freizeitkonsum von Cannabis nun erlauben, kommen noch mehr als ein Dutzend Bundesstaaten, die Medizin-Hanf für Kranke legalisieren.
National wird Cannabis nach wie unter dem Bundesgesetz als Droge eingestuft. Das Thema spielte im Wahlkampf zwar keine Rolle. Trump hat aber schon mal angedeutet, dass er damit einverstanden sei, wenn die Bundesstaaten den Umgang mit der Droge für sich entscheiden. Eigentlich habe Trump „keine Probleme mit Marihuana“, glaubt John Hudak, Drogenexperte beim Think Tank Brookings Institution in Washington DC.

Cannabis-Gesetze weltweit

Doch am Ende wird die Frage sein, wer in Trumps Regierung für das Thema zuständig sein wird. Sollte der Präsident selbst die Linie vorgeben, könnte sich Amerika zu einem Kifferparadies werden. Trump ist ein Geschäftsmann, der ein Faible für neue Märkte haben dürfte. Zudem wurde er im Wahlkampf von dem Silicon-Valley-Investor Peter Thiel mit einer Millionenspende unterstützt. Thiel ist in zahlreichen Hanf-Start-ups investiert.
Doch sollte der künftige Bundesstaatsanwalt Jeff Sessions die Federführung übernehmen, drohen dem neuen Markt Gegenwind. Sessions ist bislang Senator aus Alabama und gilt als konservativer Hardliner. „Der Umgang mit Marihuana ist der größte Test für die Zukunft des föderalen Systems in Amerika“, sagt Hudak. Denn Sessions könnte versucht sein, die Legalisierung einzuschränken.
Wissenschaftliche Belege für negative Konsequenzen gibt es allerdings nicht. Gerade erst erschien eine Studie des Think Tanks Cato Institutes. Die Experten haben sich die Auswirkungen der seit 2013 legalisierten Hanf-Märkte in den fünf Bundesstaaten inklusive Washington DC angeschaut.

Es sei allenfalls „ein leichter Anstieg des Hanf-Konsums“ zu beobachten, schreiben die Experten. Doch im Kern bestätigten sich weder die Argumente der Befürworter noch der Gegner einer Liberalisierung fundamental. Es kam also weder zu einem massiven Einbruch des Schwarzmarktes, noch zu einem massiven Anstieg etwa von Drogenexzessen und Autounfällen infolge bekiffter Fahrer. Vor allem aber sei „das Fehlen von Belegen für negative Folgen sehr auffallend.“

Eine Folge hat die Freigabe dann aber doch: Die Steuereinnahmen steigen. Sowohl im Bundesstaat Colorado als auch im Bundesstaat haben sich die Einnahmen innerhalb von zwei Jahren auf deutlich mehr als 100 Millionen Euro mehr als vervierfacht.

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