Libanon Der Tourist als Aufbauhelfer

Das westlichste Land der arabischen Welt galt jahrzehntelang als Inbegriff für Chaos und Zerstörung. Jetzt wagt der Zedernstaat einen Neuanfang – auch mit deutscher Hilfe.

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Deutsche Wertarbeit - Auch ältere Mercedes-Modelle sind im Libanon gefragt. Quelle: Laif

Das Holiday Inn im Herzen von Beirut hat schon bessere Tage erlebt. Der letzte Gast übernachtete hier 1975. Das 26 Stockwerke hohe Hotel ist übersät von Einschusslöchern, an manchen Stellen haben Granaten metergroße Betonstücke weggerissen. Einziger Kunde ist die libanesische Armee, die das Untergeschoss als Abstellplatz für Panzer nutzt. Wenn es ein Symbol und Mahnmal für den verheerenden Bürgerkrieg gibt, der den Libanon zwischen 1975 und 1990 zerrüttet hat und dessen Folgen das Land bis heute niederdrücken, dann ist es die rußgeschwärzte Ruine des Holiday Inn.

Zwischen Ruß und Rubinen

Doch schon wenige Hundert Meter weiter beginnt eine neue Welt. Rund um den Place de l’Étoile hat der libanesische Konzern Solidere mit Milliardensummen die während des Krieges zerstörte City neu aufgebaut und in ein glitzerndes Geschäftsareal verwandelt. Wenn die Superreichen aus Saudi-Arabien und den Emiraten auf Shoppingtour gehen, ist Beirut, das früher als Paris des Nahen Ostens galt, wieder eine der ersten Adressen. Downtown liegt der Kaufpreis für einen Quadratmeter mittlerweile bei gut 14.000 Dollar, und hier gibt sich fast alles ein Stelldichein, was in der Luxuswelt einen Namen hat: Louis Vuitton und Brioni, Gucci und Dior, Rolex und Swarovski. Im Juwelen-Basar warten Schmuck- und Edelsteinhändler auf zahlungskräftige Kundschaft. Und während weite Teile Beiruts im Müll ersticken, heben hier dienstbare Geister jeden noch so kleinen Papierfetzen auf, der Fußgängern aus der Tasche flattert.

Libanon in Zahlen

Hoffnung eingekehrt

Der krasse Gegensatz ist typisch für die Stadt – und den ganzen Libanon. Geografisch eingezwängt zwischen dem Todfeind Israel und dem kollabierenden Syrien, wagt das kulturell westlichste Land der arabischen Welt einen ökonomischen und politischen Neuanfang. Auch wenn der seit Januar amtierende Premierminister Nadschib Mikati mit seiner prosyrischen Haltung viel Kritik auf sich zieht, ist so etwas wie Hoffnung im Libanon eingekehrt.

Beirut im Jahr 2012 ist bunt, laut und selbstbewusst, verdreckt und verwinkelt, eine hippe Party-Metropole und ein städtebaulicher Albtraum. Die Stadt besteht nahezu komplett aus Hochhäusern; manche zerbombt, viele heruntergekommen, nicht wenige aber auch neu und futuristisch. Zwischen den Häuserschluchten stecken wild hupende Autos im Dauerstau. Mehrmals am Tag fällt kurz der Strom aus, Wasser gibt es meist nur für drei Stunden. Nahezu jedes Haus und Hotel hat daher Reservetanks im Keller oder auf dem Dach.

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