London Autofahrer müssen „Vergiftungsabgabe“ zahlen

Wie viele Metropolen erstickt auch die britische Hauptstadt London am Dauerstau. Bürgermeister Sadiq Khan will jetzt hart gegensteuern: Eine neue Abgabe soll die Fahrer älterer Autos aus der Innenstadt fernhalten.

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Der Kampf gegen die Luftverschmutzung durch Autos ist eine der Prioritäten des Bürgermeisters Sadiq Khan. Quelle: REUTERS

Londons Autofahrer werden zur Kasse gebeten. Ab Montag müssen die Halter älterer Autos eine zusätzliche Abgabe von zehn Pfund zahlen, wenn sie in die Innenstadt fahren. Die neue „Toxicity Charge“ (kurz T-Charge, deutsch etwa: „Vergiftungsabgabe“) gilt für alle Diesel und Benziner, die die Abgasnorm Euro 4 nicht erfüllen. Die neue Abgabe trifft laut Stadtverwaltung rund 10.000 Autofahrer. Laut „Sunday Telegraph“ sind es sogar nur noch 6.500, weil viele seit der Ankündigung im Februar ein neueres Auto gekauft haben.

Die T-Charge wird zusätzlich zur Congestion Charge von 11.50 Pfund erhoben. Diese müssen alle Autofahrer schon seit Jahren zahlen, wenn sie werktags zwischen sieben Uhr morgens und sechs Uhr abends in die Stadt fahren. Alle Nummernschilder werden per Überwachungskamera registriert, wer nicht gezahlt hat, bekommt eine Aufforderung von der Stadt.

Der Kampf gegen die Luftverschmutzung ist eine der Prioritäten des Bürgermeisters Sadiq Khan. „Es ist erschütternd, dass wir in einer Stadt leben, in der die Luft so verpestet ist, dass viele Kinder mit Atemproblemen aufwachsen“, sagt der Labour-Politiker. 438 Schulen liegen an Straßen, in denen die EU-Grenzwerte regelmäßig überschritten werden. 9000 Londoner sterben jedes Jahr vorzeitig an den Langzeitfolgen der dicken Luft.

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FordDer SUV-Trend beschert Ford zwar Gewinne, ließ zuletzt aber auch den CO2-Schnitt wieder steigen. Dabei soll der Autohersteller seinen durchschnittlichen CO2-Ausstoß eigentlich auf 93 Gramm senken. Dieses Ziel werden die Kölner nicht erreichen, sagen die Berater von PA Consulting. Ihrer Berechnung nach werden die Autos von Ford im Jahr 2021 im Schnitt 96,1 Gramm CO₂/km ausstoßen. Quelle: obs

Khan hat nach seiner Wahl im vergangenen Jahr mehrere Initiativen gestartet. Für ältere Taxis gibt es eine Abwrackprämie von bis zu 5000 Pfund. Alle Doppeldeckerbusse sollen bis 2019 mit Hybridantrieb fahren. Alle normalen Busse sollen bis 2020 entweder Wasserstoff- oder E-Antrieb haben.

Doch das Hauptproblem bleiben die Autofahrer. Der Dauerstau in den engen Straßen wird immer schlimmer. Die Londoner scheinen Khans härteres Durchgreifen zu begrüßen: Laut einer You-Gov-Umfrage unterstützen 74 Prozent die neue T-Charge. Das könnte allerdings auch damit zusammenhängen, dass die große Mehrheit nicht davon betroffen ist. Kritiker weisen darauf hin, dass die Abgabe vor allem ärmere Bewohner belastet, die tendenziell ältere Autos fahren.

Vor allgemeinen Fahrverboten schreckt Khan bislang zurück. Stattdessen setzt er darauf, das Autofahren teurer und damit unattraktiver zu machen. So prüft er, die „Congestion Charge Zone“ auszuweiten. Bisher erstreckt sie sich vom Hyde Park im Westen bis zur Tower Bridge im Osten. Künftig könnte sie bis zum inneren Stadtring und damit bis in die Vorortviertel reichen.

Der Bürgermeister will zudem die für 2020 geplante Einführung einer Niedrig-Emissions-Zone auf 2019 vorziehen. Hier sollen dann nur noch Euro-6-Diesel und Euro-4-Benziner unbehelligt fahren dürfen, alle anderen müssen eine weitere Abgabe zahlen. Neben dem Stickoxidausstoß sollen auch die Feinstaubemissionen bei der Einstufung der Autos berücksichtigt werden.

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