
Machtwechsel in Argentinien: Der konservative Oppositionskandidat Mauricio Macri hat die Präsidentschaftswahl gewonnen. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam er auf gut 51 Prozent und lag damit knapp vor dem Kandidaten der Regierungspartei, Daniel Scioli. Nach zwölf Jahren der „Ära Kirchner“ steht das südamerikanische Land nun vor einem Richtungswechsel. „Heute ist ein historischer Tag“, sagte Wahlsieger Macri in der Nacht zum Montag.
Er tritt sein Amt am 10. Dezember an. Sein wichtigstes Ziel: die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Denn Argentinien ist mit seinen 42 Millionen Einwohnern zwar die drittstärkste Volkswirtschaft in Lateinamerika. Doch lag das Wachstum zuletzt bei nahe Null und die Inflation bei rund 30 Prozent. Die scheidende linke Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner und ihr inzwischen verstorbener Mann Néstor Kirchner hatten die Geschicke Argentiniens über drei Wahlperioden bestimmt. Sie setzten vor allem auf Ausgaben für Sozialprogramme. Zuletzt kämpfte Fernández de Kirchner mit einer Reihe von Skandalen und Schwierigkeiten, darunter Korruptionsvorwürfe, Streit mit internationalen Hedge Fonds und die verschleppte Aufklärung eines verheerenden Terroranschlags 1994.
Sie selbst durfte nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten, setzte sich jedoch für den Regierungskandidaten Scioli ein. Ihm kam aber offenbar die Wechselstimmung vieler Argentinier in die Quere. Der 56-jährige Macri, bisher Bürgermeister von Buenos Aires, verspricht tief greifende Wirtschaftsreformen, will aber nach eigenen Worten den Sozialstaat erhalten. Im Wahlkampf kündigte er an, die Konjunktur mit der Senkung von Zöllen und Steuern anzukurbeln und ausländische Investoren anzulocken. Macri stammt aus einer der reichsten Familien Argentiniens und erlangte Bekanntheit als Präsident des Fußballclubs Boca Juniors. Als Bürgermeister galt er eher als Technokrat, der Effizienz wichtiger nahm als Stil.
Beobachter weisen darauf hin, dass er keine eigenen Mehrheiten im Parlament hat. „Macri wird sein Mandat in einer schwierigen politischen Situation beginnen“, schrieb Daniel Kerner von der Beratungsfirma Eurasia Group. „Er wird schwierge wirtschaftliche Anpassungen durchsetzen müssen und steht gleichzeitig politischen Zwängen gegenüber.“
Ursprünglich war Regierungskandidat Scioli, der frühere Gouverneur der Provinz Buenos Aires, als Favorit ins Rennen gegangen. Es war erwartet worden, dass er die erste Wahlrunde am 25. Oktober mit sechs Kandidaten deutlich für sich entscheidet. Tatsächlich lag er damals jedoch mit 37 Prozent der Stimmen nur knapp vor Macri, der auf 34 Prozent gekommen war. Die Stichwahl lief am Sonntag ohne größere Unregelmäßigkeiten ab. Kurz vor Schließung der Wahllokale am Abend meldete die Wahlkommission eine vorläufige Beteiligung von 74 Prozent.