Macron und Hollande Der Präsident und der Provokateur

Indirekte Kampfansage an Hollande: Frankreichs Wirtschaftsminister Macron fordert neun Monate vor der Präsidentschaftswahl seinen Dienstherrn heraus. Der reagiert zahnlos: Statt eines Rauswurfs verwarnt er ihn nur.

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Der junge Minister positioniert sich bereits für die französische Präsidentschaftswahl im April 2017. Sein Dienstherr fordert Solidarität – sieht aber von einer Entlassung ab. Quelle: AFP

Paris Auf diesen Auftritt wartete ganz Frankreich mit Spannung. Wie reagiert Präsident François Hollande bei seinem Fernsehinterview zum Feiertag des 14. Julis auf seinen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron? Der hatte durch ein Treffen seiner politischen Bewegung „En marche“ für viel Kritik in der Regierung gesorgt. Und alle fragten sich: Wie lange darf er noch bleiben?

Hollande löste das Thema auf eine Art, die für ihn typisch ist. Er ließ sich durch die Fragen der TV-Journalisten von France 2 und TF1 nicht herausfordern und zögerte, eine eindeutige Entscheidung zu treffen. Hollande verwarnte seinen Wirtschaftsminister nur, der so eigenmächtig vorgeprescht war. Kaum jemand zweifelt daran, dass Macron mit seinem Treffen seine Ambitionen auf die Präsidentschaftskandidatur für 2017 ankündigte, auch wenn er es nicht offiziell sagte.

Hollande mahnte einige Regeln der Regierung an: „Die erste Regel ist Solidarität.“ Teamgeist sei gefragt. Es ginge auf keinen Fall, sich persönlich in den Vordergrund zu stellen, sondern man müsse bis zum Ende die Bilanz verteidigen. „Diese Regeln zu respektieren, bedeutet, in der Regierung zu bleiben. Sie nicht zu respektieren, hießt, sie zu verlassen.“ Jeder sei nun über die Regeln informiert.

Damit ließ Hollande zunächst alles offen. „Le Figaro“ interpretierte das Verhalten des Präsidenten folgendermaßen: „Er lässt Macron eine letzte Chance.“ Hollande selbst will bis Ende des Jahres entscheiden, ob er noch einmal eine Präsidentschaftskandidatur anstrebt. Je länger er Macron hinhalten kann, desto besser für den Präsidenten.

Deshalb hat Macron sich schon mal in Stellung gebracht. Er glaubt, dass Hollande zu unbeliebt beim Volk ist, um sich noch mal ins Spiel zu bringen. Aber für den Fall, dass Hollande sich zurückzieht, was eher unwahrscheinlich ist, gibt es schon einen Anwärter: Premierminister Manuel Valls, der sich als legitimer Erbe von Hollande empfindet.

Und deswegen ist ihm Macron ein Dorn im Auge. Valls nannte den Wirtschaftsminister nach der „En marche“-Veranstaltung einen Populisten und soll sehr verärgert sein. Er will sich die Macron-Show nicht mehr bieten lassen und wirkt auf Hollande ein, damit dieser sich von Macron trennt. Damit wird er allerdings kaum Glück haben. Denn ein starker Macron ist für Hollande bequemer in der Regierung zu handhaben als außerhalb.

Frankreichs Tageszeitungen thematisierten die Krise an der Staatsspitze ausführlich und genüsslich auf mehreren Seiten. So schrieb „Liberation“: „Macron – leave oder remain?“ Und bezeichnete den Krieg von Macron, Valls und Hollande als „Ball der Brandstifter-Feuerwehrmänner“. Und betonte: „Der Minister ist immer noch auf seinem Posten. Wie lange noch?“ Macron selbst zögere noch, denn er verdankt Hollande seine politische Karriere.

„Le Figaro“ schreibt: „Der Kampf zwischen Valls-Macron untergräbt die Autorität von Hollande.“ Die beiden hätten den letzten 14. Juli des Präsidenten in dieser Regierungszeit zerstört, Macron schwäche Hollande, dabei sei der Präsident ohnehin schon geschwächt ist. Doch eine politische Krise könne sich Hollande nicht erlauben, indem er Macron rauswirft.

Von einer „Menage à trois an der Staatsspitze“ spricht „Le Parisien“ und zeigt auf dem Titel ein Bild vor dem Triumphbogen mit Flugzeugen, die Streifen in den Frankreichfarben Blau, Weiß, Rot hinter sich her ziehen. Davor die drei Protagonisten unter dem Titel: „14. Juli. Gar nicht koordiniert.“ Die Tageszeitung ist überzeugt, Hollande lässt Macron nicht gehen, weil dieser einer möglichen neuen Präsidentschaftskandidatur Schwung geben könnte. Die spektakuläre und sonst viel beachtete Militärparade auf den Champs-Elysées war bei diesen Unstimmigkeiten an der Staatsspitze jedenfalls nur Nebenschauplatz.

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