Macrons magere Bilanz beim China-Besuch Wenn der Drache das Pferd ignoriert

Frankreichs Präsident Macron will China die Stirn bieten und trotzdem ein gutes Verhältnis pflegen. Er fordert selbstbewusst mehr Marktzugang und Zugeständnisse. Doch in Peking blitzt er ab – Xi Jinping hat größere Pläne.

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French President Emmanuel Macron visits the Ullens Chinese Contemporary Art Centre in Beijing January 9, 2018. Picture taken January 9, 2018. REUTERS/Ludovic MARIN/Pool Quelle: Reuters

Peking Ein starkes, einiges Europa hatte Emmanuel Macron gefordert. Die Staatengemeinschaft soll es mit China und den USA aufnehmen können. Auch kündigte er vor seinem Besuch in China an, die Handelsbeziehungen „auszubalancieren“. Doch Präsident Macron, dessen chinesischer Name „Makelong“ lautet, was übersetzt „Pferd schlägt Drache“ bedeutet, konnte sich nicht wirklich durchsetzen. Zwar hat der französische Präsident der aufsteigenden Großmacht seine Ehre erwiesen und als erster europäischer Führer die chinesische Initiative für eine „neue Seidenstraße“ umarmt – doch die Regierung Pekings zeigte ihm nur wenig Entgegenkommen. Der erwartete große Deal für den deutsch-französischen Flugzeugbauer Airbus blieb aus, obwohl die Chinesen bei jeder passenden Gelegenheit neue Flugzeugverkäufe unterschreiben. Aber dieses Mal schien es eben nicht zu passen, was Delegationskreise überraschte.

Also kehrte Macron mit dem vagen Versprechen heim, dass der Kauf von 184 Airbus-Maschinen „in Kürze“ abgeschlossen werden soll. Woran es während seines Besuches hakte, blieb unklar. Dabei schien nach außen alles in Ordnung. Schaute man genauer hin, gab es eine gewisse, leise Symbolik: Hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping im November den US-Präsidenten Donald Trump und seine Frau Melania bei deren Besuch persönlich im Kaiserpalast begleitet, mussten der neue französische Staatsführer und seine Frau Brigitte alleine durch die „Verbotene Stadt“ gehen.

China misst sich eben nur mit der Supermacht USA. Frankreich wird da ein anderer Rang zugewiesen. Dabei zog Macron alle Register. Er begann seine Reise in der alten Kaiserstadt Xi’an, wo die antike „Seidenstraße“ nach Europa ihren Ausgang genommen hatte. Er erklärte seine Bereitschaft, sich an der sonst in Europa wenig ernst genommenen, mit Bedenken begegneten Plänen von Xi Jinping für neue Handelskorridore zu beteiligen.

Macron zitierte chinesische Gedichte, übte sogar ein paar Sätze auf Chinesisch ein und pries die „historische Freundschaft“. Immerhin hatte Frankreich als erste westliche Macht die kommunistische Volksrepublik 1964 diplomatisch anerkannt. Als „Symbol“ dieser Freundschaft schenkte Macron dem chinesischen Präsidenten sogar einen Wallach aus dem Stall der Republikanergarde.

Doch wo immer er sprach, setzte sich Macron auch für französische und europäische Interesse ein – und nahm dabei kein Blatt vor den Mund. Für eine Beteiligung an der „neuen Seidenstraße“ forderte der Präsident auch Mitsprache und die Einhaltung internationaler Standards. Aber hier lässt China wenig mit sich reden. Schon weil es selbst viele Milliarden investiert und seine eigenen Ziele verfolgt.

Vor Geschäftsleuten kritisierte Macron auch den Marktzugang in China als „unausgewogen“ und „nicht zufriedenstellend“. China müsse sich öffnen, sonst drohe eine Gegenreaktion, die Schließung von Märkten. Da konterte die chinesische Seite, dass Frankreich erst mal bessere Produkte herstellen müsse, wenn es mehr nach China exportieren wolle. Um sein Handelsdefizit zu verringern, „muss Frankreich seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern“, fasste Bai Ming von Chinas Akademie für Handel und Wirtschaftskooperation die Haltung der chinesischen Regierung in der „Global Times“ zusammen. Abschätzig äußerte er sich über Frankreichs Hochgeschwindigkeitszüge, Autos und Telekommunikationsgeräte: „Französische Produkte können nicht mit denen aus Deutschland und den USA konkurrieren.“

Dann legte Macron nochmal nach und warnte die EU-Partner vor dem Ausverkauf europäischer Interessen in Richtung China. Angesichts zahlreicher chinesischer Firmenübernahmen in Europa sei eine gemeinsame Linie zum Schutz strategisch wichtiger Wirtschaftsbereiche gefordert. Doch einige Staaten, die wirtschaftlich auf chinesische Investitionen in ihrem Land setzen, wollen die Initiative verwässern.

Es müsse mehr Vorsicht bei der Zulassung von Übernahmen geben. „China respektiert es als Großmacht nicht, wenn ein Land seine Kerninfrastruktur verscherbelt,“ sagte Macron. Er plädierte dafür, dass ausländische Investitionen in strategisch wichtige Sektoren auf EU-Ebene unter die Lupe genommen werden.

Kein Zweifel, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird in Peking besser behandelt. Zwar präsentierte Macron sich als „Stimme Europas“, konnte sich aber in chinesischen Augen neben der – gerade mit der Regierungsbildung abgelenkten – Kanzlerin nicht als neue, maßgebliche Führungskraft in Europa etablieren. Diese Figur bleibe „definitiv“ weiter Merkel, sagte Professor Ding Chun von der Fudan Universität in Schanghai.

„In den Beziehungen zu Europa sind China und Deutschland die wichtigsten Wirtschaftspartner“, sagte Ding. Merkel sei mehr als zehnmal in China gewesen, habe „gute persönliche Beziehungen“ zur Führung in Peking entwickelt. „Die deutsch-chinesischen Beziehungen sind die wichtigste strategische Partnerschaft in politischer, wirtschaftlicher Sicht und mit Blick auf die restliche Welt.“

Der neue, „junge Präsident“ Frankreichs wolle sein Land und Europa wiederbeleben – und die politische und wirtschaftliche Weltordnung „neugestalten“, äußerte Professor Ding Verständnis. „Er versucht, etwas zu verändern.“ Aber angesichts der Wirtschaftsmacht und der globalen Lage wird das ohne China nicht funktionieren.

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