Malta wählt Premier trotz Skandalen vor der Wiederwahl

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"Wie in Nord-Korea"

Parteien jenseits der beiden großen Kräfte können sich im Wahlkampf kaum Gehör verschaffen, weil viele der Medien nicht neutral sind. Eine von der EU finanzierte Studie kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass Malta das einzige Land in der EU sei, „in dem politische Parteien in solch großem Umfang Medien besitzen.“ Weniger vornehm formuliert es ein Insider: „Es ist wie in Nord-Korea, die Sender der Parteien verbreiten Propaganda“. 

Verfassungsjurist Ken Mifsud Bonnici veröffentlichte Anfang Mai eine Analyse in der er die Missstände in seinem Heimatland haarklein auflistete. Er beschrieb, wie ausschließlich die Polizei Ermittlungsverfahren einleiten kann, die Polizei aber von der Regierung kontrolliert wird – was Verfahren gegen Politiker unwahrscheinlich macht. Er beschrieb, wie das Verfassungsgericht seit den 80er Jahren keine verfassungswidrigen Gesetze aufgehoben hat. Und er beschrieb, wie der Ministerpräsident Richter ernennt und dieses Privileg jüngst dazu genutzt hat, den Vizechef seiner Partei auf einen Richterposten zu hieven.

„Die Gewaltenteilung versagt, die Demokratie versagt“, lautete Mifsud Bonnicis Schlussfolgerung. In den sozialen Medien bekam Mifsud Bonnici große Zustimmung für seinen Thesen.

Die Wirtschaft hält sich mit dem Demokratiedefizit nicht auf. Kenneth Farrugia, Chairman von Finance Malta, der Lobby der Finanzbranche, schwärmt von der „Stabilität“ des Landes, das erstaunlich gut durch die Finanzkrise gekommen sei. Beim Gespräch im Sitz von Finance Malta, einer ehemaligen Garnisionskapelle, in der auch die Börse residiert, betont Farrugia, dass beide Parteien am Wohl der Finanzbranche interessiert sein: „Wir haben seit langem einen politischen Konsens, dass das Land die Finanzbranche braucht.“

Wer in Malta Geschäfte machen will, erzählt ein Wirtschaftslenker, muss sich für eine der beiden Parteien entscheiden. Das war bisher ehernes Gesetz. Und wird es wohl auch bleiben.

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