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Medien in China Ein Maulkorb für die Presse

Peking schränkt den Raum für offene Diskussionen weiter ein: Chinesische Medien werden streng kontrolliert, viele ausländische gesperrt – wie nun die App der New York Times. Der harte Kurs ist gefährlich. Ein Kommentar.

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Der Kommunistische Partei duldet unter dem Regierungschef keinen öffentlichen Widerspruch. Quelle: Reuters

Peking China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, steckt mitten in einem grundlegenden Wandel. Das Wirtschaftssystem des Landes soll umgebaut werden. Gleichzeitig will Peking die gewaltige Umweltverschmutzung eindämmen. Der Aufbau des Sozialsystems steht noch am Anfang. Aber ergreift die chinesische Führung die richtigen Maßnahmen? Welche Alternativen gibt es?

Eine öffentliche Debatte darüber findet immer seltener statt. Noch bevor Chinas amtierender Parteichef Xi Jinping Ende 2012 das Amt übernahm, hatte sein Vorgänger Hu Jintao bereits die Kontrolle über die chinesischen Medien ausgeweitet. Xi setzt die Strategie konsequent fort. Im Februar besuchte er die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua und den Fernsehsender CCTV. Die Journalisten müssten „für die Partei sprechen“ und die Einheit sowie Autorität der Partei bewahren, forderte er von den Berichterstattern.

Onlineportale wurden dazu angehalten, bei größeren Ereignissen keine eigenen Recherchen mehr zu veröffentlichen, sondern die Berichte von Xinhua und anderen Staatsmedien zu übernehmen. Dabei garantiert Chinas Verfassung eigentlich Meinungs- und Pressefreiheit. Die Internetseiten ausländischer Medien – wie der „Deutschen Welle“, der „New York Times“ oder des „Economist“ – werden blockiert.

Auch die App der „New York Times“ ist für Apple-Geräte in China nicht mehr verfügbar, wie der Medienkonzern mitteilte. Chinesische Behörden hätten Apple informiert, dass die App gegen „lokale Regularien“ verstoße, und das Unternehmen daher dazu angehalten, sie aus dem App-Store zu nehmen.

Das Vorgehen hat System. Peking duldet keinen öffentlichen Widerspruch. Aber der harte Kurs wird zur Gefahr. Chinas Führung fehlen kritische Rückmeldungen, ob sie mit ihrer Politik noch auf dem richtigen Weg ist. Selbst innerhalb der Partei trauen sich kaum noch Mitglieder, kritische Meinungen zu äußern.

Xi Jinping hat den 80 Millionen Parteianhängern eine „porentiefe Reinigung“ im Kampf gegen Korruption verordnet. Mehr als eine Million Menschen sind bestraft worden. Nichtregierungsorganisationen werden durch ein neues Gesetz verstärkt kontrolliert. Und aus Sorge vor der Verbreitung „westlicher Werte“ an den Hochschulen der Volksrepublik hat Peking sie angewiesen, den Einsatz ausländischer Lehrbücher zu prüfen.

Aber Chinas Führung braucht die kritischen Rückmeldungen. Sie muss über die Zukunft von fast 1,4 Milliarden Menschen entscheiden. Doch je stärker Xi und seine Führungsriege die Diskurse zurückdrängen, desto schwieriger wird das Regieren. Unmut in der Bevölkerung findet immer weniger Wege, sich auszudrücken. Peking fehlt immer mehr die Möglichkeit, zu erkennen, was aus Sicht der Bevölkerung die drängendsten Probleme sind.

Xi Jinping sollte umsteuern. China braucht kritische Debatten, um langfristig stabil zu sein. In den fünf Jahren an der Staatsspitze hat Xi soviel Macht wie nur wenige Führer der Volksrepublik zuvor auf sich vereint. Anfangs kämpfte er gegen Widerstände. Nun könnte er sich als großer Reformer positionieren, der auch wieder Kritik zulässt. Leider deutet darauf bislang nur wenig hin.

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