Medienberichte Johnson wohl für Handelsabkommen mit EU nach Kanada-Vorbild

Großbritannien muss nach dem Brexit seine Handelsbeziehungen zur EU klären. Die britische Regierung bevorzugt wohl das Kanada-Modell, aber es gibt noch eine Alternative.

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Der britische Premier hält am Montag eine Rede zum Thema Handel. Quelle: AP

Premierminister Boris Johnson will Großbritannien von der Bindung an EU-Regeln freimachen. Dafür nehme er auch Grenzkontrollen in Kauf, zitierten britische Medien in der Nacht zum Sonntag nicht näher genannte Regierungsquellen. Der Premier wäre zu einem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union nach dem Vorbild Kanadas bereit, hieß es weiter. Er wolle seine Verhandlungsziele für die anstehenden Gespräche über die künftige Beziehung zur Europäischen Union in einer Rede vorstellen.

Johnson spricht am Montagvormittag vor Unternehmern und Botschaftern zu diesem Thema, wie eine Regierungssprecherin der Deutschen Presse-Agentur in London bestätigte. Zum genauen Inhalt wollte sie sich nicht äußern. Erst kürzlich hatte der „Telegraph“ berichtet, dass Johnson die Souveränität wichtiger sei als reibungsloser Handel. Dafür würde er Handelsschranken wie Zölle akzeptieren.

Der Premier wolle die Karten auf den Tisch legen und in Brüssel ein Freihandelsabkommen nach dem Kanada-Modell vorschlagen, wie die Nachrichtenagentur PA nun berichtete. Der Vertrag zwischen der EU und Kanada enthält viele Handels- und Zollerleichterungen. Im Gegenzug wolle Johnson die EU-Standards beim Umweltschutz, bei Arbeitnehmerrechten und Lebensmittelhygiene nicht lockern.

Allerdings soll die britische Regierung laut einem Insider zufolge nicht ausschließen, künftig relativ lockere Handelsbeziehungen zur EU zu unterhalten. Premierminister Boris Johnson prüfe die Option eines Handelsabkommens nach dem Vorbild der Vereinbarungen zwischen der EU und Australien, sagte ein Regierungsvertreter am Samstag. „Es gibt nur zwei voraussichtliche Verhandlungsergebnisse – ein Freihandelsabkommen wie mit Kanada oder eine lockerere Vereinbarung wie mit Australien – und wir gehen beiden gerne nach.“

Auch der EU-Chefunterhändler Michel Barnier wird am Montag vorstellen, was er in den Gesprächen mit London erreichen will. Sein genaues Mandat bestimmen jedoch die 27 bleibenden EU-Staaten.

Nach dem Ausscheiden aus der EU in der Nacht zum Samstag ist Großbritannien in eine Übergangsphase eingetreten, in der fast alles wie vor dem Brexit bleibt. Bis Ende des Jahres wollen sich beide Seiten auf Regeln für die künftigen Beziehungen einigen. Gelingt das nicht, droht wieder ein harter Bruch.

Kritiker halten die Übergangsphase angesichts der komplexen Themen für zu kurz. Eine Verlängerung ist zwar möglich, wird aber von Johnson strikt abgelehnt. Die Verhandlungen zwischen der EU und Kanada über ein Freihandelsabkommen hatten mehrere Jahre gedauert.

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