Mehr EU bei der UN Deutschland un Frankreich wollen sich UN-Sicherheitsrat besser abstimmen

Im Streit über das Brexit-Chaos wirkt die Europäische Union zersplittert. Nun planen Frankreich und Deutschland einen gemeinsamen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.

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New York: Die beiden Sitze von Frankreich und Deutschland im UN-Sicherheitsrat. Quelle: dpa

New York Getrennte Stühle werden Christoph Heusgen und François Delattre im UN-Sicherheitsrat schon noch haben. Aber nach Worten des deutschen Botschafters Heusgen, der im April den Vorsitz im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen übernimmt, wird es ein enges Zusammenspiel mit seinem französischen Amtskollegen und fast so etwas wie ein gemeinsamer Sitz.

Frankreich hat im März den Vorsitz im Rat – eine perfekte Vorlage für eine zweimonatige „Jumelage“ (Partnerschaft) der EU-Nachbarn also. Etwas mehr europäisches Gewicht könne die Weltorganisation derzeit gut gebrauchen, meint Politik-Forscher Richard Gowan von der United Nations University.

„Die EU-Marke hat in New York zuletzt ein paar Rückschläge erlitten“, sagt Gowan der Deutschen Presse-Agentur. Mit der gemeinsamen Präsidentschaft im Rat könnten Deutschland und Frankreich jetzt zeigen, dass die EU bei den UN noch etwas zählt.

Gowan verweist vor allem auf den offenen Streit über den in Marokko angenommenen Flüchtlingspakt: Unter anderem hatten sich die EU-Länder Österreich, Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Bulgarien aus dem Pakt verabschiedet, nachdem Rechtspopulisten Stimmung gegen das Abkommen gemacht hatten.

In Belgien zerbrach darüber sogar die Koalition. Dazu kommt der Brexit: Bleibt es beim geplanten EU-Austritt Großbritanniens am 29. März, würde dieser genau in die Mitte der deutsch-französischen Ratspräsidentschaft fallen. Umso mehr dürfte Botschafter Heusgen darauf hoffen, ein „starkes europäisches Signal zu senden“, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagt.

Delattre spricht von einer „engen Koordination“. Die beiden Spitzendiplomaten wollen ihre Agenda über die beiden Monate eng miteinander abstimmen. Schwerpunkte liegen unter anderem bei Friedensmissionen, den Konflikten in der Ukraine und im Nahen Osten sowie dem Schutz humanitärer Helfer.

Bei den weltweiten UN-Missionen steht Mali für beide EU-Länder besonders im Fokus. Die Bundeswehr ist mit fast 1000 Soldaten in dem westafrikanischen Krisenland im Einsatz. Außenminister Heiko Maas besuchte vergangene Woche deutsche Soldaten vor Ort.

Mutmaßliche islamistische Extremisten verübten in Koulikoro einen Terroranschlag auf ein EU-Militärcamp. Maas hat der Bundeswehrgruppe in Mali nach seiner Ankunft zusätzlichen Schutz in Aussicht gestellt. Auch der Aufbau der gemeinsamen Militärtruppe der G5-Sahelstaaten, zu denen Mali zählt, dürfte dann Thema werden.

Die Truppe soll Terrorismus und organisierte Kriminalität bekämpfen und zu einem Rückgang illegaler Migration führen, so die Hoffnung in Paris und Berlin. Der Sicherheitsrat will im März nach Mali reisen. In de vergangenen Jahren gelang es den EU-Ländern durchaus, bei den UN geschlossen aufzutreten, etwa als Gegenstimme zu den USA oder Russland oder im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern.

Aber hinter den Kulissen laufe nicht alles rund, sagt Gowan. Der Elan für Einigkeit sei da, „aber es gibt keine Garantie, dass die Europäer auch bei Themen wie (dem Atomabkommen mit dem) Iran auf unbestimmte Zeit zusammenhalten“.

Auch beim Thema Mali zeige sich, dass Frankreich anderen EU-Ländern, etwa Polen, nicht zu viel Spielraum geben wolle. Die Struktur des höchsten UN-Gremiums, die teils immer noch die Weltordnung nach Ende des Zweiten Weltkriegs abbildet, scheint weiter wie in Stein gemeißelt:

Die fünf Vetomächte Frankreich, Großbritannien, USA, Russland und China sitzen am Tisch mit zehn nicht-ständigen Mitgliedern, zu denen Deutschland seit Jahresbeginn zählt. Eine Reform, so die deutsche Hoffnung, sollte auch einen ständigen EU-Sitz beinhalten.

Aber Frankreich weigert sich, sein wertvolles Vetorecht auf Kosten eines europäischen Sitzes aufzugeben. Wirkliche Fortschritte gibt es in der Debatte nicht. Von einer „wachsenden Verantwortung“ hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) kurz vor dem Einzug Deutschlands in den Sicherheitsrat gesprochen und erklärt: „Wir werden uns auch vor schwierigen Entscheidungen nicht wegducken können.“ Forscher Gowan sieht es ähnlich. Deutschland habe bei den Vereinten Nationen zuvor „unterhalb der eigenen Liga gespielt“ und könne nun zeigen, dass es auch in der Königsklasse antreten kann.

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