Merkel in China Getrübte Harmonie in Peking

Ihren ersten chinesischen Ehrendoktortitel bekommt die Kanzlerin in harmonischer Atmosphäre übereicht. Die Professoren in Peking überschlagen sich mit Lobeshymnen. Aber dann spricht die Kanzlerin überraschend Klartext.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhält in China einen Ehrendoktortitel. Doch sie scheut trotzdem keine deutlichen Worte. Quelle: dpa

Peking Die Stimmung könnte nicht besser sein. Freundlich lächelnd sitzt Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Podium der Universität der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. In dem roten Backsteingebäude im Norden der chinesischen Hauptstadt wird die Wissenschaftselite des Landes herangezogen.

Merkel hat sich einen schwarz-roten Universitätstalar übergezogen. Zur Feier der guten Beziehungen beider Länder bekommt sie zum Auftakt ihrer neunten Chinareise den Ehrendoktortitel der chinesischen Elitehochschule in Nanjing überreicht.

Der Universitätspräsident und der Vizewissenschaftsminister wetteifern in ihren Reden um die größten Komplimente für die Kanzlerin. Studierende im rund 300 Personen starken Publikum quittieren die Lobeshymnen mit Beifall. Aber dann tritt Merkel ans Rednerpult.

Die Bundeskanzlerin ist freundlichem im Ton, aber hart in der Sache. Marktzugang, Rechtssicherheit, Meinungsfreiheit und das kontroverse Gesetz über Nichtregierungsorganisationen, Merkel spricht alle kritischen Themen an. „Wer Fortschritt will, muss Freiräume schaffen“, fordert Merkel.

Unternehmen brauchten verlässliche Gesetze, damit sie sich in China engagieren könnten. „Nach unserer Meinung ergibt sich der Rechtsrahmen dadurch, dass ausländische Unternehmen mit inländischen gleichgestellt sind“, sagt Merkel.

Damit greift sie ein Versprechen des Ministerpräsidenten Li Keqiang auf. Beim letzten Besuch der Kanzlerin in China hatte er versprochen, dass keine Unterschiede zwischen chinesischen und deutschen Firmen gemacht würden, egal ob es um die Lizenzvergabe, öffentliche Ausschreibungen oder staatliche Förderprogramme gehe.


Stimmung so schlecht wie nie

In der Umsetzung hapert es jedoch. Noch nie sei die Stimmung unter EU-Firmen so schlecht gewesen, kritisierte zum Wochenanfang die europäische Handelskammer. Und auch die Deutsche Auslandshandelskammer in Peking fand ungewöhnlich deutliche Worte.

Die Kanzlerin müsse in Peking „konkrete Anliegen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen in China wie eine weitere Marktöffnung und ein fairer Wettbewerb“ klar ansprechen, fordert Alexandra Voss, Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Peking.

Noch haben die vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen nicht begonnen, trotzdem geht die Kanzlerin schon auf das sensible Thema Hochtechnologietransfer ein. Sie erwähnte den Roboterhersteller Kuka nicht wörtlich, doch die Debatte um das Übernahmeangebot des chinesischen Haushaltsgeräteherstellers Midea spricht Merkel indirekt an.

Natürlich werden auch chinesische Unternehmen in den Markt kommen“, verspricht Merkel. Damit weist sie Sorgen aus Peking zurück, Berlin könne die Übernahme verhindern wollen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte gewarnt, Technik von morgen dürfe nicht auf dem „Altar offener Märkte“ geopfert werden, und ein europäisches Gegenangebot für Kuka ins Spiel gebracht.

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