Mexiko Zwischen Drogenkriminalität und großer Zukunft

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Was Mexiko vom Aufschwung hat

Von dieser Leistung profitiert auch die mexikanische Bevölkerung. Der Ansiedlungsboom der letzten 20 Jahre hat einige Hunderttausend Arbeitsplätze geschaffen. Audi will 3800 Mitarbeiter in seinem Werk beschäftigen, BMW 1500. Daneben dürften beide Konzerne noch einmal jeweils 20.000 Arbeitsplätze indirekt schaffen – etwa durch Zulieferer, die sich entweder neu ansiedeln oder ihre Kapazitäten erweitern. „Dadurch werden die Sozialstrukturen stabilisiert“, so Hauser.

Von stabilen Strukturen ist Mexiko aktuell noch weit entfernt. Derzeit arbeiten 56 Prozent der in Mexiko Beschäftigten im informellen Sektor. Das heißt: Sie zahlen keine Steuern, sind nicht versichert, nicht ins Sozialsystem eingebunden und haben keinen Zugang zu Krediten, was vor allem den Binnenmarkt schwächt. Das ist eines der Kernprobleme des mexikanischen Staats, da so seine Budgetspielräume eingeschränkt werden.

Sieht man von den konjunkturellen Aufs und Abs ab, die es überall auf der Welt gibt, gab es laut Hauser seit 1994 keine hausgemachte Krise mehr. „Mexiko hat sich in den letzten Jahren sehr gut und stabil entwickelt. Wir vertrauen in den Markt“, sagt BMW-Mexiko Projektleiter Eich. „Aller Voraussicht nach wird er sich weiter positiv entwickeln.“ Darauf deuten eine Inflationsrate von rund vier Prozent und eine Staatsverschuldung von circa 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts hin – auf solche Daten kann nicht jedes Land in Südamerika verweisen.

Mexikos Booms waren bis dato nicht von Dauer

Gleichwohl darf nicht vergessen werden: Mexiko ist ein Schwellenland. Die Armutsquote ist immer noch vergleichsweise groß. 53,3 Millionen Einwohner, also fast die Hälfte der mexikanischen Gesellschaft, gilt als arm. In Mexiko ist arm, wer weniger als 1125 Pesos monatlich zur Verfügung hat – das entspricht 66 Euro.

So muss auch Hauser trotz aller Euphorie konstatieren – in der Vergangenheit konnte Mexiko den großen Erwartungen nicht immer gerecht werden. Dem Ölboom in den Siebzigern oder der Ratifizierung NAFTAs vor 20 Jahren folgte keine Verbesserung der Einkommen der breiten Bevölkerungsschicht – wie etwa bei den asiatischen Tigerstaaten.

Geheime Kammern im Tempel der Federschlange
Sensationsfund in Mexiko: In der weltberühmten Ruinenstadt von Teotihuacan in der Nähe von Mexiko-Stadt haben Archäologen mindestens drei Geheimkammern entdeckt. Quelle: rtr
Wie das Nationale Institut für Anthropologie und Geschichte (INAH) mitteilte, drang ein Roboter in das Innere einer Pyramide vor und entdeckte dort die drei bislang unbekannten Kammern – möglicherweise Grabkammern der einstigen Oberschicht von Teotihuacan. Quelle: dpa
Archäologen hatten gehofft, dass der nach dem altmexikanischen Regengott Tlaloc benannte Roboter im Inneren des „Tempels der Federschlange“ eine Kammer entdecken würde. Mit dem Nachweis von gleich drei Kammern am Ende des jetzt untersuchten Tunnels übertraf Tlaloc alle Erwartungen. Quelle: rtr
Falls sich die Funde tatsächlich als Grabkammern erweisen sollten, könnte ihre Erforschung wichtige Erkenntnisse über die rätselhaften Bewohner von Teotihuacan liefern. Die Blütezeit der riesigen „Stadt der Götter“, die sich einst über 36 Quadratkilometer ausdehnte und noch heute mehrere imposante Pyramiden aufweist, wird auf die Zeit zwischen 300 und 600 nach Christus geschätzt. Quelle: AP
Das rund 50 Kilometer nordöstlich von Mexiko-Stadt gelegene Teotihuacan war in der prähispanischen Zeit mit bis zu 200.000 Einwohnern eine der größten Städte der Welt. Der genaue Ursprung der Stadt, deren imposante Ruinen von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden, ist noch ungeklärt. Quelle: rtr
Vermutlich um 750 nach Christus wurde Teotihuacan aus unbekannten Gründen aufgegeben. Die Azteken, die zur Zeit der Ankunft der Spanier im 16. Jahrhundert ein mächtiges Reich in der Region kontrollierten, hatten Teotihuacan bereits verlassen vorgefunden. Trotzdem wurde ihre Kultur, wie die vieler anderer Völker des alten Mexiko, stark von Teotihuacan beeinflusst. Quelle: dpa/dpaweb
Um mehr über die rätselhaften Bewohner von Teotihuacan zu erfahren, soll der Roboter, der unter anderem mit einer Infrarotkamera und einem Räumgerät ausgestattet ist, demnächst erneut in den Tempel vordringen. Dann wird es darum gehen, Verschüttungen auf den letzten 30 Metern des Tunnels zur Seite zu räumen. Quelle: rtr

„Enttäuscht hat Mexiko im Wesentlichen mit den Wachstumsraten“, so Hauser. Im Vergleich zu anderen südamerikanischen Staaten liegt Mexiko eher im unteren Drittel – allerdings hat auch kein Land außer Brasilien dort einen vergleichbaren Industrialisierungsgrad.

Eine letzte Garantie für den Erfolg dieser Wirtschaft wird niemand abgeben können. „Aber wenn man die wirtschaftlichen Potenziale gegen die Risiken abwägt, sieht man, die positiven Effekte überwiegen.“ Das zeige sich an den Mittelständlern, die vermehrt Niederlassungen in Mexiko aufbauten. Aufgrund ihrer knappen finanziellen Ressourcen sind Mittelständler deutlich vorsichtiger beim Aufbau von Niederlassungen im Ausland. Dass es sie vermehrt nach Mexiko zieht, ist ein gutes Zeichen.

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