Michail Chodorkowski Sein Helfer aus dem Sauerland

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Freund und Familienvater

Michail Chodorkowski nach Berlin geflogen

Für Bettermann waren das „bewegende Momente". Da spürte der Sauerländer, "dass auch die große Politik nur von einfachen Menschen gemacht wird". Da philosophierte er: "Alle Qualitäten des menschlichen Lebens spiegeln sich in den blankgetreteten Stufen, die zu politischer Anerkennung führen." Da politisierte er: "Die Inbetriebnahme der neuen Palettenwechselanlage, die ich im Rahmen eines Mendener Forums mit den Herren Kissinger und Genscher mittels eines symbolischen Knopfdrucks vornahm, sollte auf den Wert der politischen Initialzündung für die mittelständische Wirtschaft hinweisen." Und da weinte er sogar: "Als ich mit Genscher, Kissinger und Gorbatschow in Halle zusammensitzen durfte, liefen mir links und rechts die Tränen herunter."

In seiner Rührung zeigt Bettermann, wie ich ihn sowohl in Menden, im Cockpit seines Firmenjets und in seiner Villa in der Schweiz kennenlernte, den weichen Freund und Familienvater. Als ich mit ihm zu seinen Lieben in die Alpen flog, brachte er in der Tragetüte Gurken und Kopfsalat aus dem heimischen Garten mit. Als "einen der bewegendsten Momente", gestand er mir, empfand er die Geburt der zwei seiner vier Kinder, die er selbst abnabeln durfte. Er mag vor allem deutsche Schlager und Unterhaltungsmusik. Seine Gäste am Vierwaldstätter See fährt er manchmal im Motorboot hinaus zum einfachen und gemütlichen Restaurant "Schwyburg", weil es "der Luzerner Schickeria dorthin viel zu weit ist".

Will Bettermann seinen Willen durchsetzen, entwickelt er allerdings "Terrierqualitäten", meint ein langjähriger Duz- und Jagdfreund. Als er Anfang der 1980er Jahre die Gefahr witterte, sein Onkel Hubert und Vetter Fritz könnten ihn im Streit mit dem kranken Vater Ernst um das Unternehmen bringen, fackelte er nicht lange. Gerade Mitte dreißig setzte er die beiden Verwandten nach eigenen Angaben derart unter Druck, dass diese sich ohne ausführliches Gutachten über den Wert der Firma auszahlen ließen - für umgerechnet gut 20 Millionen Euro weniger, als Bettermann insgeheim selbst veranschlagt hatte. Dass der Onkel und der Vetter deswegen den Kontakt mit ihm abbrachen, kümmerte ihn wenig.

Im eigenen Unternehmen fühlte sich Bettermann bis vor einigen Jahren als "Motor" und lehnte Berater von draußen strikt ab. Begründung: "Die käuen sowieso nur wieder." Lieber ließ er Parolen für die Arbeiter erfinden, um diese auf Trab zu halten: "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit."

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