




Der Islamische Staat muss aufgehalten werden. Das war das Ziel von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss sich dieser Auffassung an, letztlich die gesamte Bundesregierung und eine Mehrheit im Deutschen Bundestag.
Das war vor einem Jahr. Im August 2014 debattierte Deutschland hitzig über die Frage, ob die Bundesrepublik Waffen an die Peschmerga, die kurdischen Streitkräfte im Nordirak, für den Kampf gegen die Terrororganisation IS liefern soll. Wäre es nach den Regeln gegangen, die sich Berlin selbst auferlegt hat, hätte die Antwort nein lauten müssen. In den „Politischen Grundsätzen“ verbietet sich die Bundesregierung, Waffen in Krisen- und Kriegsgebiete zu liefern.
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Diese Waffen liefert Deutschland in den Nordirak
Das G3 kann Ziele in bis zu 300 Metern Entfernung treffen, mit Zielfernrohr reicht es bis zu 600 Meter weit. Der automatische Rückstoßlader wird von allen Truppenteilen des Heeres genutzt.
Das G6 soll nach Angaben der Bundeswehr „überraschend auftauchende Ziele reaktionsschnell“ bekämpfen. Es zeichne sich durch seine einfache Bauweise aus, heißt es.
Das MG3 gilt als „schwere Waffe“ und wird unter anderem zur Abwehr gegnerischer Flugzeuge eingesetzt. Es kommt auch an Bord von Kampfpanzern oder Hubschraubern zum Einsatz.
Die P1 dient „zur Selbstverteidigung im Nahkampf“ und wird vor allem von Sanitäts- und Führungspersonal genutzt. Mittlerweile wurde sie in vielen Bereichen vom Modell P8 abgelöst.
Die tragbare Panzerabwehrwaffe "Milan" kann gepanzerte Fahrzeuge in einer Entfernung von 300 Metern bis zu fast zwei Kilometern zerstören. Der mit einem Gefechtskopf bestückte Flugkörper durchschlägt bis zu 70 Zentimeter dicken Panzerstahl.
Die Panzerfaust 3 zerstört leicht gepanzerte Fahrzeuge oder Bunker. Die Waffe kann aus geschlossenen Räumen heraus abgefeuert werden und kommt auch in der Schweiz und den Niederlanden zum Einsatz.
Die schweren Panzerfäuste der Bundeswehr werden seit Mitte der 1990er Jahre nur noch für Leuchtmunition genutzt und daher auch als „Leuchtbüchsen“ bezeichnet. Sie leuchten das Gelände in einem Radius von etwa 400 Metern aus.
Signalpistolen gehören unter anderem zur Ausstattung von Gruppen- und Zugführern. Damit werden Leucht- und Signalmunition sowie Rauch- und Knallpatronen abgefeuert.
Die DM51 gibt es seit 1974 in der Bundeswehr. Sie wiegt 450 Gramm und beinhaltet rund 5700 Stahlkugeln. Ihr Wirkradius beträgt bis zu 20 Meter.
Zur Erinnerung: Der Islamische Staat hatte damals ganze Städte und Regionen im Irak in kürzester Zeit erobert. Die zahlenmäßig überlegene irakische Armee war hilflos gegen den brutalen und effektiven Gegner, ließ buchstäblich die Waffen fallen und rannte davon. Die Jesiden, eine religiöse Minderheit im Nordirak, wurde vom IS verfolgt und ermordet.
Die Bundesregierung stand vor einer schwierigen Wahl. Option Eins: Sie hält sich an ihre Grundsätze und liefert keine Waffen. Dann hätte sie sich aber den Vorwurf gefallen lassen müssen, wegen unterlassener Hilfeleistung womöglich für einen Völkermord mitverantwortlich zu sein. Oder Option Zwei: Sie liefert Waffen und nimmt in Kauf, dass die in einer instabilen Region gegebenenfalls in unliebsame Hände geraten. Wie Joschka Fischer einst sagte: Egal wie sich eine Regierung in einer solchen Situation entscheidet. Sie macht sich in jedem Fall schuldig.
Was Deutschland im Irak leistet und nicht leistet
Die Bundesregierung hat im Zuge der Krise 24,4 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt. 4,4 Millionen sind für dringende Maßnahmen wie den Bau von Unterkünften, die Trinkwasserversorgung und medizinische Hilfe vorgesehen. 20 Millionen stehen für längerfristige Infrastrukturprojekte bereit, zum Beispiel den Bau von Unterkünften für Flüchtlinge.
Die Bundeswehr hat am 15.08.2014 mit Hilfsflügen in die nordirakische Kurden-Hauptstadt Erbil begonnen. Fünf Transall-Flugzeuge haben bereits 36 Tonnen Lebensmittel, Sanitätsmaterial und Decken in die Krisenregion gebracht. Weitere 100 Tonnen sollen in den nächsten Tagen folgen.
Die Bundesregierung hat sich bereiterklärt, Rüstungsgüter wie Kleinlastwagen, Schutzwesten, Helme oder Nachtsichtbrillen aus Bundeswehrbeständen an die kurdischen Streitkräfte im Nordirak zu liefern. Die Lieferungen werden voraussichtlich nächste Woche beginnen.
Mitte August beschloss der Bundestag, Waffen in die Krisenregion zu liefern. Es geht um Handwaffen und Panzerabwehrwaffen, die von den Kurden für die wirksame Bekämpfung der von der ISIS-Miliz erbeuteten Panzerfahrzeuge benötigt werden.
Einige dieser Waffen können nicht ohne Schulung bedient werden. Die Bundesregierung prüft deshalb, auch Ausbilder in den Irak zu entsenden. Es könnten aber auch irakische Ausbilder außerhalb des Iraks geschult werden.
Die Luftschläge der USA gegen die IS begrüßt die Bundesregierung zwar, die Bundeswehr beteiligt sich daran allerdings nicht. Einen späteren Blauhelmeinsatz hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Große Koalition entschied sich für die Waffenlieferungen. Und damit auch für das Risiko, die Verbreitung ihrer Waffen nicht mehr kontrollieren zu können, wie Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) erklärt. „Der Verbleib der deutschen Waffen ist nicht sichergestellt. Es gibt Berichte, dass manche Waffen an die PKK gegangen sind. Das halte ich für plausibel“, sagt der Experte für Sicherheitspolitik. Die kurdische Arbeiterpartei PKK wird in Deutschland nach wie vor als terroristische Organisation eingestuft.
Laut Verteidigungsministerium hat Deutschland zuletzt im Juli Waffen und Ausrüstung in den Nordirak geliefert. Insgesamt gingen bislang etwa 20.000 Sturmgewehre, 50 Maschinengewehre, 8.000 Pistolen, 60 Panzerabwehrwaffen mit 1.000 Lenkflugkörpern sowie 400 Panzerfäuste, 20.000 Handgranaten und entsprechende Munition in den Nordirak. Die Waffenlieferungen haben einen Wert von etwa 60 Millionen Euro.