Missbrauch von EU-Geldern Justizminister geben endgültig grünes Licht für EU-Staatsanwaltschaft

Zahlreiche Staaten wollen künftig mit einer europäischen Staatsanwaltschaft gemeinsam gegen den Missbrauch von EU-Geldern vorgehen. Die Behörde könnte bald noch mächtiger werden.

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Der deutsche Justizminister hat sich mit 19 seiner EU-Amtskollegen auf die Einführung einer europäischen Staatsanwaltschaft geeinigt. Quelle: AP

Luxemburg In mindestens 20 EU-Staaten - darunter Deutschland - werden bestimmte Finanzvergehen künftig von europäischen Staatsanwälten verfolgt werden. Die Justizminister der teilnehmenden Länder gaben am Donnerstag in Luxemburg endgültig grünes Licht für die Gründung einer europäischen Staatsanwaltschaft. Sie wird voraussichtlich vom Jahr 2020 an mit Sitz in Luxemburg an den Start gehen. „Das ist ein ganz großer Schritt zur Vertiefung der Europäischen Union“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

Schweden, die Niederlande, Dänemark, Ungarn, Irland, Polen, Großbritannien und Malta beteiligen sich nicht. Eine spätere Teilnahme ist aber möglich.

Die neue Behörde soll sich zunächst Straftaten mit Bezug zu EU-Geldern widmen. In erster Linie geht es dabei um grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug. In der Diskussion ist, die Behörde noch mit weiteren Kompetenzen auszustatten - etwa bei der Terrorbekämpfung.

Transaktionen zwischen Firmen über Ländergrenzen hinweg sind in der EU derzeit von der Mehrwertsteuer befreit. Beim Mehrwertsteuerbetrug kaufen Firmen Güter in einem anderen Land, ohne dass Mehrwertsteuer berechnet wird. Wenn die Waren dann weiterverkauft werden, schlagen die Betrüger die Steuer auf den Preis auf. Anstatt den Betrag an die Behörden abzuführen, kassieren sie ihn. Teils werden für diese Art Betrug Scheinfirmen genutzt. Schätzungen zufolge entgehen den öffentlichen Haushalten dadurch pro Jahr etwa 50 Milliarden Euro.

Um die europäische Staatsanwaltschaft war jahrelang gerungen worden. Die strafrechtliche Verfolgung von Vergehen fiel bislang in die Zuständigkeit der einzelnen Nationalstaaten. Als sich abzeichnete, dass die erforderliche Einstimmigkeit unter den EU-Staaten nicht erzielt werden kann, trieben eine Reihe von Staaten das Vorhaben im Rahmen der sogenannten „vertieften Zusammenarbeit“ voran. Dieses Prozedere ermöglicht es Ländern in der EU, in bestimmten Bereichen enger zusammenzuarbeiten, auch wenn es für europaweite Lösungen keine Mehrheiten gibt.

Die Zentrale der neuen Behörde soll von einem europäischen Chef-Staatsanwalt geleitet werden. In jedem Staat kommen außerdem delegierte Staatsanwälte hinzu, die auch weiter als Teil des nationalen Systems arbeiten. Den Rahmen für Ermittlungen setzt auch weiter nationales Recht, da Fälle dort auch zur Anklage gebracht werden.

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