Moldawien Die Apfelrepublik kämpft um Investoren

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Angela Merkel mit Moldawiens Quelle: dapd

Für den Autozulieferer Dräxlmaier basteln in Balti 1500 Mitarbeiter Bordnetzsysteme für Pkws der Marken BMW und Audi. Die Montage übernehmen Dräxlmaier-Fabriken in Serbien und Rumänien. Grüppchen von Moldauern pilgern über die staubigen Straßen selbst aus entfernten Dörfern bis ans Werkstor. Dort studieren sie die neuesten Stellenanzeigen und tragen sich mit säuberlichen Lettern in Bewerberlisten ein. Wer in dieser Gegend einen Job sucht, muss weite Wege auf sich nehmen, denn elektronische Stellenbörsen sind ein Fremdwort, und auf dem Land fehlen ohnehin Internet-Anschlüsse. „Die Moldawier sind aufgeschlossen und begabt, haben aber meist wenig industrielle Arbeitserfahrung“, sagt Siegfried Angerer, Osteuropamanager bei Dräxlmaier. Trotzdem wird fleißig eingestellt. Kein Wunder, denn die Monatslöhne in Moldawien liegen im Schnitt bei 200 Euro. Da rentiert es sich für westliche Firmen, auch anfangs weniger produktive Kräfte anzulernen.

Doch Dräxlmaier hat die Fabrik nicht allein wegen der niedrigen Personalkosten in den Norden Moldawiens gebaut. Es gibt noch einen anderen Grund, warum sich die Transporter über enge Landstraßen und holprige Pisten hinauf bis nach Balti quälen müssen. Die Regierung hat dem Unternehmen dort eine eigene Freihandelszone eingerichtet. „Dräxlmaier ist bislang der einzige Investor auf dem Areal“, sagt Marin Ciobanu, der die Zone verwaltet. Ein weiterer Autozulieferer aus Österreich und ein tunesischer Kabelhersteller haben aber ebenfalls Interesse angemeldet. Der Vorteil: Die Unternehmen sparen Einfuhrzölle, und ihre Lieferungen werden rund um die Uhr abgefertigt. Das ist ein schlagendes Argument für Fertigungsbetriebe, die jede Menge Vorprodukte importieren und große Teile ihrer Produktion exportieren. Das Modell scheint erfolgreich zu sein, jedenfalls hat Moldau die zollfreie Zone erweitert. Dräxlmaier hat auf dem neuen Gelände bereits eine Werkshalle und weitere Gebäude aus dem Boden gestampft.

Vielversprechendes Ausland

Doch es sind immer noch zu wenig Investoren, die einigermaßen attraktive Stellen schaffen. Deshalb suchen vor allem junge und mobile Moldauer ihr Glück im Ausland. Kein Wunder, denn die Löhne vor Ort sind ernüchternd. Selbst Beamte bringen nur etwa 300 Euro pro Monat heim, und sogar höhere Manager müssen sich mit 500 Euro monatlich begnügen. Zudem ist die Kaufkraft der moldauischen Währung Leu gering. Tanken kostet im Schnitt immerhin fast 90 Cent je Liter, und für veredelte Lebensmittel oder Kleidung bekannter Marken legt man in Supermärkten oder Kaufhäusern fast so viel hin wie in Deutschland. Die rund acht Euro, die Wirte in der Hauptstadt für ein gepflegtes Schnitzel samt kühlem Bier verlangen, mögen europäischen Besuchern günstig erscheinen. Doch für Moldawier mit Durchschnittsgehalt bleiben Restaurantbesuche ein teures und damit äußerst seltenes Vergnügen. Üppige Bankette, wie sie internationalen Geschäftsleuten aufgetischt werden, können die meisten Einheimischen höchstens durch einen Spalt in der Saaltür beobachten, oder wenn sie einen Job als Kellner oder Tänzerin ergattert haben.

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