Mongolei Goldrausch in der Wüste

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Ein Drittel der Mongolen lebt unter der Armutsgrenze

Die Bevölkerung hofft auf eine Bildungsoffensive, misstraut aber den ausländischen Konzernen. Quelle: REUTERS

Sorge um die Zerstörung der Umwelt äußern auch die Chefs von Baganuur. „Das ist die negative Seite“, sagt Bazar, „insgesamt aber bringt der Rohstoffboom eine höhere Lebensqualität.“ Das gilt längst nicht für alle Mongolen. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Am Stadtrand von Ulan Bator hausen Hunderttausende in ärmsten Verhältnissen in ihren Jurten. Die Kohle zum Heizen bekommen sie aus dem Städtchen Nalaikh etwa 40 Kilometer südöstlich von Ulan Bator.

Ungefähr 30.000 Menschen leben in dem Ort. Kleine, von schäbigen Lattenzäunen umgebene Gehöfte, ein paar Restaurants und eine Schule – viel mehr gibt es nicht zu sehen. Seinen fragwürdigen Ruhm verdankt Nalaikh den Minibergwerken, fast alle betrieben von Chinesen. Zum Teil mit bloßen Händen graben die Arbeiter hier die Kohle aus der Erde.

Die Gruben sind bis zu 50 Meter tief. Haben die Arbeiter unten wieder eine Wanne voll geladen, läuten sie eine Glocke. Die Kollegen oben schalten daraufhin einen Motor an. Der zieht die Wanne mit der Kohle nach oben. An einem Schacht arbeiten im Schnitt zehn Menschen, die Arbeitszeit beträgt zwölf Stunden.

40 Euro am Tag verdient ein Kumpel

Klar, die Arbeit sei hart und gefährlich, sagen die Arbeiter. Bislang kamen in Nalaikh durch Grubeneinstürze mehr als 300 Menschen ums Leben. Doch der Lohn entschädige für das Risiko. Ihnen gehe es besser als vielen ihrer Landsleute, sagen die Arbeiter. Umgerechnet 40 Euro am Tag verdient ein Kumpel in den Kohlegruben von Nalaikh.

Um solche Zustände zu ändern, müsste die Regierung die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften durchsetzen, aber auch mehr in Bildung und vor allem in die Modernisierung der Infrastruktur investieren. Im ganzen Land fehlen Straßen, aber auch das Schienennetz ist völlig veraltet. Die transmongolische Eisenbahn verläuft größtenteils eingleisig.

Ein Ausbau des Schienennetzes scheitert am Streit innerhalb der Regierung um die Spurbreite der Strecken. Die Pro-Russland-Fraktion plädiert für die schmalere russische Spurbreite. Die Freunde der Chinesen in Ulan Bator drängen auf das breitere chinesische Format.

Auch auf anderen Feldern halten mongolische Politiker viele Vorstöße zur Modernisierung auf. Die Chefs des Braunkohleförderers Baganuur würden ihr Unternehmen gerne privatisieren. Noch hält der Staat drei Viertel der Aktien. Ginge es nach Vizedirektor Bazar, müsste der Staat weitere 24 Prozent verkaufen. „Dann könnten wir unsere Kohle exportieren“, sagt der Mongole, „und Weltmarktpreise erzielen.“ Die liegen zurzeit bei etwa 70 Dollar pro Tonne. Baganuur muss seine Kohle dagegen – staatlich festgesetzt – für einen Bruchteil dieses Preises an die inländischen Kraftwerke abgeben.

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