Moon Jae-in Südkoreas Präsident ist die treibende Kraft hinter dem Gipfeltreffen zwischen Trump und Kim

Mit Geduld und Nehmerqualitäten bringt Moon Jae-in die Erzfeinde womöglich an den Verhandlungstisch. Es ist schon jetzt ein außergewöhnlicher Erfolg.

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Südkoreas Staatspräsident hat schon jetzt für die größte diplomatische Überraschung des Jahres gesorgt. Quelle: AP

Tokio Südkoreas Präsident Moon Jae-in ist möglicherweise auf dem Weg zu einem Friedensnobelpreis. Ganz sicher hat er mit diplomatischer Geduld, Ausdauer und Nehmerqualitäten schon jetzt für die größte diplomatische Überraschung des Jahres gesorgt.

Statt sich wie im vorigen Jahr mit Beleidigungen und Kriegsdrohungen zu überziehen, könnten US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Führer Kim Jong Un sich nun an einen Tisch setzen.

Bis Mai kann Trump dann vielleicht sein Wahlkampfversprechen einlösen, den Nordkorea-Konflikt über einem Hamburger zu lösen. Denn bis dann solle das Treffen stattfinden, teilte Südkoreas nationaler Sicherheitsberater Chung Eui-yong am Donnerstagabend in Washington mit.

Das Weiße Haus erklärte zwar, dass Ort und Zeit noch festgelegt werden müssten. Aber Trump scheint damit positiv auf die sensationellen Verhandlungsergebnisse zu reagieren, die Chung Anfang dieser Woche in Nordkorea in direkten Gesprächen mit Kim erzielt hatte.

Nordkoreas Führer Kim hatte sich nicht nur seinerseits bereit erklärt, US-Präsident Trump zu treffen. Als Entgegenkommen will er sogar über Wege zu einer Denuklearisierung sprechen, eine Vorbedingung der USA.

Außerdem versprach Kim, für die Zeitdauer von Verhandlungen auf weitere Atombomben- und Raketentests zu verzichten und sogar Militärmanöver der USA und Südkoreas akzeptieren. Die galten bis vor wenigen Wochen noch als Sollbruchstelle für die zarte Entspannung zwischen Nord- und Südkorea. Denn die beiden Alliierten üben dort konkret Angriffe auf Nordkorea.

Dass allerdings ein Gipfeltreffen der Erzfeinde stattfinden könnte, hat die Welt Südkoreas Präsident Moon zu verdanken. Selbst als die USA und Nordkorea sich auf Kriegskurs zu befinden schienen, bot er Nordkorea nicht nur Gespräche an. Er lud die Sportler der harten Diktatur sogar zu den olympischen Winterspielen ein, die im Februar in Südkorea stattfanden.

Auch ein diplomatischer Affront Trumps irritierte Moon nicht

Mit Erfolg. Kim schickte sogar seine jüngere Schwester Kim Yo-Jong, um Moon zu einem Gipfeltreffen einzuladen. Das soll nun im April im gemeinsamen Grenzort Panmunjom stattfinden, um den Boden für das große mit Trump Treffen zu bereiten.

Nicht einmal stetige Angriffe und Erniedrigungen von seinem Verbündeten brachten Moon aus der Ruhe. Südkorea ist eines der größten Opfer der protektionistischen Außenwirtschaftspolitik Trumps.

Nicht nur stellt der US-Präsident das bilaterale Freihandelsabkommen in Frage. Südkoreas Firmen gehörten auch zu den ersten Leidtragenden von Trumps Schutzzollkrieg. Denn bevor Trump sich auf Stahl und Aluminium stürzte, erhöhte er bereits die Importzölle für Waschmaschinen und Solarzellen.

Cool steckte Moon voriges Jahr auch einen diplomatischen Affront Trumps weg. Nach Nordkoreas letztem Atombombentest im September rief der gleich zweimal bei Japans Ministerpräsident Shinzo Abe an.

Für das erste Telefonat mit Moon ließ sich Trump hingegen mehr als 30 Stunden Zeit. So sehr misstraute er dem vermeintlichen Kuschelkurs von Südkoreas Führer. Dabei hatte der anscheinend Nordkorea richtiger gelesen als die meisten anderen Experten.

Tatsächlich wiesen einige Nordkorea-Experten wie der Japaner Hajime Izumi daraufhin, dass der Norden nach den letzten Atombomben- und Raketentests weitaus mehr Verhandlungsbereitschaft habe als Kim gemeinhin zugestanden wurde.

Der Grund: Kim hatte bereits im Herbst erklärt, dass Nordkorea nun eine vollständige Atommacht sei. Dies sahen die Nordkorea-Tauben unter den Experten als Zeichen, dass Kim nun zu einem Teststopp bereit sein könnte, um sich auf sein zweites strategisches Ziel zu konzentrieren: die Entwicklung der maroden Wirtschaft.

Doch nicht nur dies erklärt Kims plötzliche Flexibilität. Die immer härteren Sanktionen der USA und Trumps Angriffsdrohungen könnten weitere wichtige Gründe für sein Einlenken sein. Überdies kann Kim nun Zugeständnisse daheim als großen Sieg verkaufen. Schließlich ist ein Gipfeltreffen beider Staaten ein diplomatischer Hauptgewinn für das Regime, auf dass die Kim-Dynastie seit Jahrzehnten wettet.

Moons Erfolg ist relativ zu sehen

Doch es spricht für die Weisheit von Südkoreas Präsident Moon, dass er nicht zu euphorisch wird. „Wir sind an einem kritischen Punkt in unseren Bemühungen um Frieden und eine Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel“, sagte er diese Woche. Und damit hat er recht. Denn auch er kann bisher nur glauben, dass Nordkorea es ernst meint. Sicherheit gibt es nicht.

Erstens ist nicht klar, ob Nordkorea sich jemals überreden lassen wird, seine Atomwaffen aufzugeben. Außerdem ist es noch immer möglich, dass die Verhandlungen nur bestätigen, was die Nordkorea-Falken unter den Experten seit Jahren predigen: Dass Nordkorea nur lügt und betrügt, um Zeit zu gewinnen. Dass der Norden weiterhin nur eines erreichen will: die Spaltung der Allianz zwischen Südkorea und den USA, einen Abzug der US-Truppen und eine Wiedervereinigung des Landes unter nordkoreanischer Führung. Dass der Norden sich nicht abschrecken lassen würde.

Sicher dürfte bei dieser Gemengelage nur sein, dass die Hardliner in Pjöngjang und Washington weiter versuchen werden, die Annäherung zu stoppen. Sie zu kontrollieren und die Gespräche langfristig zu einem Erfolg zu führen, wäre die Krönung Moons zum Friedensstifter.

Dabei ist Erfolg allerdings relativ zu sehen: Es wäre schon fast ein Wunder, wenn die Gespräche nicht zusammenbrächen und beide Seiten wieder zur Kriegsrhetorik zurückfielen.

Umso mehr Respekt gebührt Moon dafür, dass er kurz davor steht, die selbstbewussten Streithähne an einen Tisch zu bringen. Denn Verhandlungen sind gerade im Korea-Konflikt besser als ein Krieg, der Hunderttausende, wenn nicht Millionen Opfer in Ostasien fordern könnte.

Allerdings müssen sich die Beteiligten auch auf ein Scheitern der Verhandlungen vorbereiten.

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