Mossul Amnesty wirft US-Koalition vor, leichtfertig Menschenleben aufs Spiel zu setzen

Bei Luftangriffen in Mossul wurden Amnesty zufolge hunderte Zivilisten getötet. Die Menschenrechtsorganisation kritisiert zu wenig Vorsichtsmaßnahmen der Militärkoalition.

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IS-Hochburg Mossul Quelle: dpa

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der US-geführten Militärkoalition vorgeworfen, im Kampf zur Rückeroberung Mossuls nicht genügend Vorsichtsmaßnahmen ergriffen zu haben. Ein jüngster Anstieg unter den zivilen Opfern ließe darauf schließen, beklagte die Organisation in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Es gebe Hinweise auf ein Verhaltensmuster, nach dem die Militärkräfte Häuser mit ganzen Familien zerstört hätten.

Im Kampf um die irakische IS-Hochburg Mossul sind nach einer Untersuchung der Menschenrechtsorganisation hunderte Zivilisten bei Luftangriffen getötet worden. Die irakische Regierung habe sie zuvor aufgefordert, an Ort und Stelle zu bleiben und nicht aus Häusern oder vermeintlich sicheren Orten zu fliehen, wie Überlebende und Augenzeugen der Organisation berichten.

In zahlreichen Fällen erzählten Überlebende und Nachbarn demnach, dass sich IS-Kämpfer in oder in der Nähe der zerstörten Häuser befanden - meist auf dem Dach oder im Garten - oder sich in benachbarten Gebäuden verschanzt hatten, die nicht Ziel der Angriffe waren, hieß es in der am Dienstag verbreiteten Amnesty-Mitteilung.

Die hohe Zahl getöteter Zivilisten bei der Rückeroberung Mossuls hatte die Offensive zuletzt zunehmend belastet. Die USA und der Irak kündigten am Wochenende eine Prüfung von Vorwürfen an, Jets der US-geführten Koalition hätten im Westen der Metropole beim Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat viele Zivilisten getötet. Am Mittwoch waren bei einer gewaltigen Explosion verschiedenen Berichten zufolge mehr als 100 Zivilisten getötet worden.

Das US-Zentralkommando sprach allerdings davon, einen Vorfall vom 17. März untersuchen zu wollen. Ob das US-geführte Bündnis für den Tod der vielen Unbeteiligten verantwortlich ist, blieb zunächst unklar. Ein Aktivist hatte nach der Explosion berichtet, ein Luftangriff habe einen mit Sprengstoff beladenen Laster getroffen. Ein irakischer General erklärte hingegen, der IS habe Häuser mit Sprengladungen versehen, die explodiert seien.

Nach UN-Angaben sind beim Kampf um Mossul seit Mitte Februar mindestens 307 Einwohner getötet worden, die von der Islamisten-Miliz IS als menschliche Schutzschilde missbraucht worden seien. 273 weitere Zivilisten seien dabei verwundet worden, teilte UN-Menschenrechtskommissar Seid Raad al-Hussein mit. Die IS-Kämpfer trieben die Menschen demnach in Gebäuden zusammen, die mit Sprengfallen bestückt worden seien, und feuerten auf Flüchtende.

Der Menschenrechtskommissar mahnte, die irakischen Truppen und ihre Verbündeten dürften nicht in diese Falle des IS tappen und müssten zivile Opfer vermeiden. Das US-Militär untersucht derzeit die Umstände einer Gebäude-Explosion, bei der vor knapp zwei Wochen in West-Mossul mehr als 200 Menschen getötet wurden. Augenzeugen hatten berichtet, dass die Islamisten dort Zivilisten als Schutzschilde in den Kellern eingesperrt hätten.

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