Münchner Sicherheitskonferenz Bundesregierung ermahnt Trump deutlich wie nie

Klartext zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz: Die deutsche Verteidigungsministerin liest der Trump-Regierung die Leviten. Ein einflussreicher US-Senator macht den Europäern Mut.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen findet auf der Münchner Sicherheitskonferenz klare Worte gegen Trump. Quelle: dpa

Deutschland hat die neue US-Regierung von Präsident Donald Trump so deutlich wie nie kritisiert und ein klares Bekenntnis zu westlichen Werten eingefordert.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte die USA bei der Münchner Sicherheitskonferenz am Freitag vor „Alleingängen“ in der Außenpolitik. Die Trump-Regierung dürfe nicht über „die Köpfe der Partner hinweg“ etwa mit Moskau eigene Absprachen treffen. Von der Leyen wandte sich auch gegen den US-Einreisestopp für einige islamisch geprägte Länder und die von Trump ins Gespräch gebrachte Folter als Verhörmethode gegen Terroristen. Das widerspreche den gemeinsamen Werten der Nato.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erinnerte Washington daran, dass die Stärke der USA durch das transatlantische Militärbündnis gewachsen sei. In Bonn erklärte Außenminister Sigmar Gabriel nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen der 20 mächtigsten Industriestaaten (G20), die Lösung globaler Probleme wie Terrorismus und Klimawandel werde „nur gelingen mit Kooperation und ganz sicher nicht mit weiterer Abschottung“. Trumps „Amerika zuerst“-Kurs war in München und Bonn das beherrschende Thema.

Der einflussreiche US-Senator John McCain versicherte den Europäern, die USA stünden auch künftig an ihrer Seite. „Ich weiß in Europa und weltweit ist man besorgt darüber, dass die USA die weltweite Führung abgeben könnten“, sagte der Republikaner und Trump-Kritiker in München. Er glaube aber nicht, dass es so komme. „Wir dürfen uns selbst und einander nicht aufgeben, sonst wäre das Dekadenz, und das führt zum Scheitern von Weltordnungen“, warnte der 80-jährige. „Ja, es sind gefährliche Zeiten, aber sie dürfen Amerika nicht abschreiben - und wir sollten einander nicht abschreiben.“

Von der Leyen sagte, Lastenteilung unter Nato-Partnern sei mehr als eine Frage des Geldes. Die Last gemeinsam zu tragen, das sei zuallererst das Prinzip, füreinander einzustehen, ohne Wenn und Aber. „Das schließt Alleingänge aus - sowohl den Alleingang des Vorwegpreschens, aber auch den Alleingang des Sich-Wegduckens.“

US-Verteidigungsminister James Mattis hatte den Nato-Partnern am Mittwoch gedroht, das US-Engagement zurückzufahren, sollten sie nicht mehr für ihre Verteidigung ausgeben. Er unterstrich damit eine zentrale Forderung Trumps. In München reagierte Mattis nicht auf die Mahnungen von der Leyens. Er betonte nur, Sicherheit in Zeiten des internationalen Terrorismus gebe es nur im Team.

Gabriel hält das Nato-Ziel für die Erhöhung der Verteidigungsausgaben für unrealistisch. „Wir dürfen uns (...) jetzt nicht in eine Aufrüstungsspirale treiben lassen“, sagte der SPD-Vorsitzende dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. In Bonn erklärte der Außenminister, auch sein US-Amtskollege Rex Tillerson sei der Meinung gewesen, dass Abschottung keine Lösung sei.

Merkel betonte nach einem Gespräch mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau in Berlin: „Militärische Aktionen alleine werden keine Krisen lösen.“ Sie verwies auf die Bedeutung von Krisenprävention und Entwicklungshilfe.

Die Kanzlerin sprach am Abend in München mit UN-Generalsekretär António Guterres. „Wir glauben an eine UN, die stark ist, die die multilateralen Bemühungen bei den vielen Konflikten in der Welt voranbringt“, sagte Merkel. An diesem Samstag trifft die Kanzlerin erstmals mit einem Mitglied der Trump-Regierung zusammen, nämlich mit dem neuen US-Vizepräsidenten Mike Pence.

Von der Leyen betonte, auch der Kampf gegen den islamistischen Terror müsse gemeinsam geführt werden und dürfe nicht in eine „Front gegen den Islam und Muslime an sich“ verkehrt werden. „Sonst laufen wir Gefahr, die Gräben weiter zu vertiefen, aus denen Gewalt und Terror wachsen.“ Die USA hatten mit einem Einreisestopp für islamisch geprägte Länder weltweite Proteste ausgelöst.

Bis Sonntag werden bis zu 30 Staats- und Regierungschefs sowie etwa 80 Außen- und Verteidigungsminister im Hotel Bayerischer Hof erwartet. Die Mächtigen der Welt haben neben der bisher eher widersprüchlichen US-Außenpolitik viele weitere Themen: Die Spannungen mit Russland, den Syrien-Krieg, den Ukraine-Konflikt und nicht zuletzt die Zukunft der EU.

Der britische Außenminister Boris Johnson sieht in der Unentschlossenheit des Westens den Hauptgrund für die Krisen in Syrien und in der Ukraine. „Wir haben das nicht zu Beginn gekittet, etwa bei der Syrien-Krise, da haben wir uns zurückgehalten. Das wäre unter der neuen Regierung Trump nicht passiert“, erklärte Johnson, der ein gutes Verhältnis zu Trump pflegt.

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