Mutmaßlicher Giftgasangriff in Syrien Russland und die USA blockieren sich gegenseitig im Sicherheitsrat

Russland hat im UN-Sicherheitsrat sein Veto gegen eine von den USA eingebrachte Resolution zu Chemiewaffen in Syrien eingelegt. Trump telefonierte wegen der Krise mit Macron.

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US-Botschafterin Nikki Haley im Gespräch mit Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja Quelle: AP

New York Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien sind zwei rivalisierende Resolutionsentwürfe im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Zunächst verhinderte Russland bei der Sitzung am Dienstag in New York per Veto einen Entwurf der USA zu der Frage, wie genau der Einsatz von Chemiewaffen in Syrien untersucht werden soll. Auch Bolivien stimmte dagegen, China enthielt sich.

Danach stimmten unter anderem die USA und Großbritannien gegen einen russischen Resolutionsentwurf, der zudem insgesamt nicht ausreichend Ja-Stimmen einsammeln konnte. Russland und die USA sind - gemeinsam mit China, Frankreich und Großbritannien - ständige Mitglieder mit Veto-Recht im Sicherheitsrat und können jede Resolution zu Fall bringen.

Dem US-Resolutionsentwurf zufolge sollte sie diejenigen identifizieren, die in Syrien Chlorgas und andere toxische Chemikalien einsetzen. Dem russischen Entwurf zufolge sollte UNIMI aber lediglich „zweifelsfreie Fakten aufzeigen“, auf deren Grundlage der Sicherheitsrat dann die jeweiligen Täter benennt. Nach dieser Variante könnten die fünf ständigen Ratsmitglieder mit ihrem Veto am Ende verhindern, dass die Verantwortlichen benannt werden.

„Heute ist ein trauriger Tag für den Sicherheitsrat“, sagte die britische UN-Botschafterin Karen Pierce. „Aber in erster Linie ist es ein sehr trauriger Tag für die Menschen [im syrischen] Duma, die jetzt ohne den Schutz sind, die das internationale System für sie entworfen hatte.“

Russland warf dem Westen vor, Syrien schon jetzt zu beschuldigen. „Warum brauchen wir diese Untersuchungskommission, wenn Ihr den Schuldigen schon vor der Untersuchung ausgemacht habt?“, fragte Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja.

Er warf den USA vor, auf ein Scheitern der Resolution gehofft zu haben, „um den Einsatz von Gewalt gegen Syrien zu rechtfertigen“. Nebensja sagte, die Resolution habe versucht, das alte Expertengremium wieder aufleben zu lassen, dessen Verlängerung Moskau im November blockierte. Dieses sei „eine Marionette in den Händen gegen Damaskus gerichteter Kräfte“.

US-Botschafterin Nikki Haley erklärte, die USA seien Russland weit entgegengekommen um sicherzustellen, dass ein neues Gremium unparteiisch, unabhängig und professionell wäre.

Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien hatte US-Präsident Donald Trump Spekulationen über einen baldigen Militärschlag der USA befeuert. Trump sagte am Dienstag überraschend eine geplante Reise nach Südamerika ab. Die syrische Armee und ihre Verbündeten im Land wurden schon in der Nacht in volle Alarmbereitschaft versetzt.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, Angriffe auf „chemische Kapazitäten“ in Syrien seien möglich. Frankreich tausche sich mit Partnern aus, vor allem mit den USA und mit Großbritannien. „Wir werden unsere Entscheidung in den kommenden Tagen mitteilen.“

Trump telefonierte wegen der Krise erneut mit Macron. Dabei bekräftigten beide ihren Wunsch nach einer entschlossenen Reaktion der internationalen Gemeinschaft, wie der Élyséepalast mitteilte. Trump telefonierte auch mit Großbritanniens Premierministerin Theresa May. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, dass es keine weiteren Einsätze chemischer Waffen in Syrien geben dürfe, hieß es aus dem Weißen Haus.

Macron hatte bereits im März den tödlichen Einsatz von Chemiewaffen als „rote Linie“ bezeichnet und mit „gezielten Schlägen“ gedroht, falls Beweise für einen solchen Fall vorliegen. Trump sprach am Montag von einer „heftigen“ Reaktion seiner Regierung.

Moskau wiederum hat die USA nach den Worten des russischen EU-Gesandten Wladimir Tschichow vor einem Angriff in Syrien gewarnt. US-Vertreter seien sowohl öffentlich als auch über geeignete Kanäle vor den schweren Konsequenzen gewarnt worden, sollte es zu Angriffen kommen und russische Bürger „gezielt oder auf sonstige Art“ zu Schaden kommen, sagte Tschichow dem Sender Euronews.

Der russische Generalstabschef Valeri Gerassimow hatte zuvor gedroht, Russland werde zurückfeuern, sollten die USA Einrichtungen der syrischen Regierung angreifen. Gerassimow erklärte im März, dass russische Militärs in syrischen Einrichtungen präsent seien. Sollten sie bedroht werden, würden die russischen Streitkräfte „Vergeltungsmaßnahmen sowohl gegen Raketen als auch ihre Träger ergreifen“.

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