Nach Anschlägen auf Christen Auswärtige Amt warnt Ägypten-Reisende

Das Auswärtige Amt reagiert auf die Anschläge auf Christen in Ägypten – und warnt Touristen vor einer erhöhten Terrorgefahr im Land. Ägyptens Präsident Al-Sisi will nun durchgreifen – und einen Ausnahmezustand verhängen.

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Bei Bombenanschlägen auf zwei koptische Kirchen starben am Palmsonntag mindestens 36 Menschen, mehr als 100 wurden verletzt. Quelle: dpa

Berlin Das Auswärtige Amt hat nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen auf das Terrorrisiko auch für Ausländer in Ägypten hingewiesen. „Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und die Gefahr von Entführungen. Diese können sich auch gegen ausländische Ziele und Staatsbürger richten“, teilte das AA am Montag in Berlin mit. Bei Reisen nach Ägypten einschließlich der Touristengebiete am Roten Meer werde generell zu Vorsicht geraten.

An Palmsonntag hatten mutmaßliche Islamisten zwei koptische Kirchen mit Bomben angegriffen und mindestens 44 Menschen getötet. Mehr als 120 Menschen wurden verletzt, wie die Regierung mitteilte. In einer der Kirchen befand sich Patriarch Tawadros II., blieb aber unverletzt. Die Terrormiliz Islamischer Staat reklamierte die Tat für sich.

„Ägypter haben Komplotte und Bemühungen von Ländern und faschistischen, terroristischen Organisationen vereitelt, die versucht haben, Ägypten zu kontrollieren“, sagte der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi. Er strebte an, einen Ausnahmezustand für drei Monate zu verhängen. Dies muss laut Verfassung erst das Parlament beschließen.

Die erste Detonation erschütterte die zum Gottesdienst am Beginn der Karwoche dicht gefüllte St.-Georgs-Kirche in der Stadt Tanta in Nordägypten. Dabei wurden nach Behördenangaben mindestens 27 Menschen getötet und 78 verletzt. Der Fernsehsender CBC zeigte Bilder aus dem Inneren der Kirche, auf denen blutüberströmte Körper zu sehen waren, die man mit Papier abgedeckt hatte.

„Nach der Explosion wurde vom Rauch alles ganz dunkel“, sagte der Verletzte Edmond Edward. Der Sprengsatz sei wohl in der Nähe des Altars hochgegangen. Der Priester sei verletzt. „Da hat es eindeutig Sicherheitslücken gegeben“, sagte Edmond. Medienberichten zufolge war in der Kirche erst Ende März eine Bombe entschärft worden.

Der zweite Anschlag zielte auf die Markus-Kathedrale in Alexandria, wo der koptische Patriarch Tawadros II. zuvor den Palmsonntagsgottesdienst gefeiert hatte. Mit der Feier erinnern Christen an den Einzug Jesu in Jerusalem. In Alexandria gab es laut Innenministerium mindestens 17 Tote und 48 Verletzte.

Bei Einbruch der Nacht strömten am Sonntag Hunderte Christen, meistens in schwarz gekleidet, zu der Kirche. Sie trauerten um die Opfer. Papst Franziskus sprach Patriarch Tawadros, der koptischen Kirche und allen Ägyptern sein tiefes Mitgefühl aus. Er sagte, er bete für die Toten und Verletzten. Der Papst soll Tawadros am 28. und 29. April in Ägypten treffen.

Für die Christen war es einer der tödlichsten Tage seit Jahrzehnten und den schlimmsten Angriff seit Dezember, als ein Anschlag in Kairo 30 Menschen in den Tod riss. Auch damals bekannte sich der IS zu der Tat. Nun erklärte die Terrormiliz über ihr Sprachrohr Amak für die Taten verantwortlich zu sein – nannte aber keine Einzelheiten.

Bilder von Überwachungskameras zeigten, wie ein Mann versuchte, in die Kirche zu gelangen, von Sicherheitskräften aber zur Kontrolle an einen Metalldetektor verwiesen wurde. Kurz darauf zerriss eine Explosion den Kontrollpunkt. Tawadros war zu diesem Zeitpunkt noch in der Kirche. Unklar war, ob der Terrorangriff ihm persönlich galt.

Koptische Christen zählen zu den ältesten Kirchengemeinden der Welt. Sie stellen rund zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung und sind wiederholt Ziel von Anschlägen islamischer Extremisten geworden. Viele Kopten haben den Staatsstreich des Militärs gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi unterstützt.

Der Großscheich der Kairoer Al-Azhar-Moschee, Ahmed al-Tajeb, verurteilte den Terror. Bombenanschläge auf Unschuldige seien abscheulich, sagte der Chef der weltweit wichtigsten sunnitschen Lehreinrichtung. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte, ausgerechnet am Palmsonntag versuchten Extremisten, Glaubensgruppen gegeneinander aufzubringen. Das dürfe ihnen nicht gelingen.

US-Präsident Donald Trump sagte, die Nachrichten aus Ägypten seien sehr traurig. Er habe jedoch großes Vertrauen, dass al-Sisi angemessen auf die Situation reagiere. Der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin sprach von einem heimtückischen Terrorakt. Der Präsident des türkischen Amtes für Religionsangelegenheiten, Mehmet Görmez, nannte Mord an unschuldigen Betern unverzeihlich. Gebetsstätten seien geschützt, egal welche Religionsgruppe dort zusammenkomme.

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