Nach COP26 Die Willigen und die Wirtschaft müssen fürs Klima übernehmen

Quelle: imago images

Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz in Glasgow sind unübersichtlich und hinken weit hinter dem Notwendigen für die Jüngeren und die Wirtschaft her. Deshalb müssen nun andere den Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter voranbringen. Ein Kommentar.

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Der 26. Weltklimagipfel ist mit einer Erklärung zu Ende gegangen, für die sich die Veranstalter und Verhandlerinnen vor allem selbst loben: Das Verfeuern der Kohle zur Energiegewinnung soll stark gedrosselt werden. Im Entwurf war aber von einem Ende für Kohlestrom die Rede gewesen. Das ist ein großer Unterschied. Die Subventionen weltweit für fossile Brennstoffe, die das Klima erhitzen, für Kohle, Öl oder Gas also, sollen heruntergefahren werden. Auch hier sind Schlupflöcher geblieben statt mit einem Enddatum Klarheit zu schaffen. Die Staaten sollen häufiger, nun alle fünf Jahre, und jedes Mal ehrgeiziger ihre Klimaziele veröffentlichen und nachprüfbar machen. Alles lobenswert, aber nicht annähernd ausreichend.

Diese Weltklimakonferenz hat viele unübersichtliche, auch widersprüchliche und schwammige Ergebnisse geliefert, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Erderwärmung zuwiderlaufen. Sie kommen nicht einmal den selbst erklärten Zielen der Regierungen nahe. Die wollten schon zur Weltklimakonferenz in Paris 2015 die Erderwärmung bei höchstens zwei Grad im Vergleich zur Zeit vor der Industrialisierung stoppen, eigentlich bei 1,5 Grad Celsius. Davon sind wir weit entfernt.

Das alles ist enttäuschend und stellt den Wert der aufwändigen Konferenzen in Frage. Denn zugleich betonen Regierungsvertreterinnen und -vertreter weltweit und nicht nur in Deutschland, dass dieses Jahrzehnt der 2020er grade noch reiche, um beherzt umzusteuern. Beim Klima gilt: Je länger zu wenig getan wird gegen die Erderwärmung, desto heftiger muss umgesteuert werden. Das ist aber vor der eigenen Bevölkerung wegen der hohen Kosten immer schwerer zu vermitteln.

Nach zwei Wochen zäher Verhandlungen ist die Weltklimakonferenz vorbei. „Hier ist eine kurze Zusammenfassung: Blah, blah, blah“, ätzte Greta Thunberg aus der Ferne. Andere sehen aber auch Fortschritte.

Die Wissenschaft geht weitgehend davon aus, dass sich die Erde unter den bereits geltenden Versprechen der Regierungen weltweit um etwa 2,7 Grad Celsius erwärmen wird. Wenn jetzt, wie in Glasgow postuliert, mehr getan wird, könnten es bis 2,5 Grad sein. Diese auf den ersten Blick „geringen“ Unterschiede haben dennoch deutliche Folgen: Mehr Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen, Landverlust, ein Ansteigen des Meeresspiegels und enorme wirtschaftliche Schäden an allen Ecken der Welt sind zu erwarten.

Glasgow ist eine Enttäuschung für alle, die die Interessen der Jüngeren und des Wohlstands auf der Erde als Maß nehmen. Klimakrise bedeutet nicht nur mehr Naturkatastrophen, sondern auch einen Wohlstandsverlust. Deshalb sollten nun die Willigen und die Wirtschaft übernehmen.

Die Europäische Union sollte mit ihrem Green Deal und dem Ziel Klimaneutralität bis vor der Jahrhundertmitte zielstrebig vorangehen. Dazu gehören nicht nur Regeln, wann bestimmte Technologien wie herkömmliche Verbrennermotoren oder Kohleverstromung enden sollen. Dazu gehört auch ein EU-einheitlicher und schrittweise steigender Preis auf den Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen.

Ein solches Regime sendet eine klare Botschaft an alle Wirtschaftenden, dass das fossile Zeitalter zu Ende geht. Es lässt aber den Betroffenen die Wahl, in welche Alternativen sie wechseln wollen und sorgt dafür, dass zunächst dort aus alten Technologien ausgestiegen wird, wo Ersatz am günstigsten bereitgestellt werden kann.

Die UN-Klimakonferenz in Glasgow ist beendet. So mancher zeigt sich unzufrieden mit den Ergebnissen. Dabei gibt es einen Hoffnungsschimmer. Doch wie nachhaltig ist er?
von Thomas Stölzel

Mit China, dem weltgrößten Verursacher von Treibhausgasemissionen und mit Abstand dem größten Nutzer von Kohlestrom, könnte ein gemeinsamer Markt für CO2-Zertifikate angestrebt werden. Auch China hat einen Preis auf CO2 eingeführt. Nun sollte die EU einen einheitlichen Markt für solche Emissionsrechte mit China verhandeln. Ist der im gemeinsamen Interesse erreicht, war das eine Blaupause, der sich die anderen Länder anschließen könnten.

Auch die USA gehören wieder zu den Willigen, sie sind wieder beim Klimaschutz dabei – nach den Jahren der Regierung unter Donald Trump, der Verpflichtungen seines Landes gekündigt hatte. Mit den USA könnte die EU gemeinsame Standards für eine CO2 – freie Industrie schaffen. Auch das ist entscheidend, damit sich Investitionen in andere Technologien lohnen und damit Handel nicht erschwert wird.

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Jetzt müssen auch die G7 und die G20 ran statt der schwerfälligen und oft einflusslosen Uno-Klimadiplomatie. Die Clubs der wirtschaftsstarken Staaten sollten sich klar zum Kohleausstieg bis 2030, in Indien mit seiner ärmeren Bevölkerung und viel Kohle vielleicht bis 2040, verständigen. Ein Ende des Verbrennermotors bis 2035 ist in einem solchen Klimaklub zu schaffen. Das hätte dann auf andere Regierungen und Unternehmen auf der Welt tatsächlich einigen Einfluss.

Mehr zum Thema: Die UN-Klimakonferenz in Glasgow ist beendet. So mancher zeigt sich unzufrieden mit den Ergebnissen. Dabei gibt es einen Hoffnungsschimmer. Doch wie nachhaltig ist er? Ein Interview mit dem Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf.

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