Nach dem Scheitern von Jamaika Henry Kissinger appelliert an deutsche Parteien

Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger hat das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen genau beobachtet. Seine Forderung: Deutschland solle einen Beitrag zur Stabilität leisten und „nationale Konfrontationen vermeiden“.

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Der 94-jährige Ausnahmediplomat appelliert an den Zusammenhalt in Europas größter Volkswirtschaft. Quelle: AP

New York Henry Kissinger ist Krisen gewohnt. Der 94-jährige Ausnahmediplomat hat für Deeskalation im Kalten Krieg gesorgt, Beziehungen zu China aufgebaut und einen Waffenstillstand mit Vietnam verhandelt. Auch heute noch verfolgt der in Deutschland geborene Friedensnobelpreisträger die Entwicklungen in der Welt genau und gilt als wichtiger Ratgeber für Amerikas führende Politiker.

Das Scheitern der Koalitionsverhandlungen in Deutschland hat er in den vergangenen Wochen genau beobachtet und appelliert nun an den Zusammenhalt in Europas größter Volkswirtschaft. „Wir sollten alle hoffen, dass aus der gegenwärtigen Krise eine stabile Regierung hervorgebracht werden kann“, sagte Kissinger auf einer Gala des transatlantischen Thinktanks American Academy, bei der auch der Chef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner, sprach.

Deutschland solle einen Beitrag zur Stabilität leisten und „nationale Konfrontationen vermeiden“, forderte Kissinger. „Das ist eine große Herausforderung für die nächste Phase“. Das transatlantische Verhältnis in diesen Zeiten hält Kissinger für besonders wichtig. Der Diplomat übte jedoch auch verdeckte Kritik an US-Präsident Donald Trump, der die Autorität seines Außenministers Rex Tillerson immer wieder untergraben hatte. „Der Außenminister muss die absolute Unterstützung des Präsidenten haben“, stellte Kissinger klar. Nur so könne wirksame Außenpolitik betrieben werden.

In Zeiten von Twitter und Facebook sei das Leben der Außenminister ohnehin immer schwieriger geworden, so Kissinger. Dank der Sozialen Netzwerke werden Konflikte überall auf der Welt sichtbar, während sie passieren. „Drei bis vier Revolutionen geschehen heute gleichzeitig, zwischen verschiedenen Ländern oder zwischen ethnischen Gruppen innerhalb eines Landes“, sagt der frühere US-Außenminister. Das habe auch Folgen auf die Politik. „Hier eine Ordnung zu etablieren ist sehr schwer.“

Die Sozialen Netzwerke haben auch die Arbeit von Mathias Döpfner verändert. Der Springer-Chef, zu dessen Konzern auch der amerikanisch Nachrichtendienst „Business Insider“ gehört, sieht Facebook nach der Affäre um sogenannte Fake News am Scheideweg. „Facebook muss sich entweder auf einen reinen Vertreiber von Nachrichten reduzieren oder es wird als Verlag mit zwei Milliarden Kunden angesehen. Somit wäre das ein Monopol, das aufgebrochen werden muss“, sagte Döpfner. Er gehe nicht davon aus, dass Facebook-Chef Mark Zuckerberg eine Aufspaltung zulassen werde.

Grundsätzlich gibt sich der Springer-Chef enthusiastisch, was neue Technologien angeht. Besonders Künstliche Intelligenz und Virtuelle Realität seien spannend. Es sei jedoch wichtig, sicherzustellen, dass es genügend Wettbewerb im Bereich der Künstlichen Intelligenz gebe. Sie sollte „nicht nur in den Händen von wenigen großen Tech-Unternehmen sein“, forderte Döpfner. Dass mit den intelligenten Computern im großen Stil Jobs vernichtet werden, befürchtet der Springer-Chef nicht. „Langfristig werden sie mehr Stellen schaffen als vernichten“, glaubt Döpfner und gibt sich fortschrittlich. Gerade habe er seinen Laptop im Büro ausgemustert und arbeite jetzt nur noch mit mobilen Geräten.

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