Nach Kurseinbruch an der Wallstreet Trump: „Die Fed ist verrückt geworden“

Donald Trump: Die Fed „ist verrückt geworden“ Quelle: AP

Rekorde am Aktienmarkt betrachtet Trump gern als Beleg für seinen Erfolg - an den schweren Kursverlusten an der New Yorker Börse soll nun aber die „verrückt gewordene“ Notenbank Schuld sein.

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Schwere Kursverluste an der New Yorker Börse hat US-Präsident Donald Trump zum Anlass für scharfe Kritik an der Notenbank Federal Reserve genommen. Die Fed „ist verrückt geworden“, sagte Trump am Mittwoch vor Reportern bei der Ankunft in Erie im Staat Pennsylvania, wo er eine Kundgebung abhielt. Zudem warf er der Notenbank vor, mit Blick auf Zinserhöhungen „einen Fehler zu machen“. Zugleich nannte er die Kursverluste „eine Korrektur, auf die wir seit einer langen Zeit gewartet haben“. Trump hat Rekorde am Aktienmarkt in seiner Amtszeit oft als Beleg für seine Erfolge herangezogen.

Eine Kurskorrektur an den Aktienmärkten wird als ein Rückgang um mindestens zehn Prozent vom 52-Wochen-Hoch definiert.

Am Mittwoch hatten die drei wichtigsten Indizes an den US-Börsen mehr als drei Prozent im Minus geschlossen. Der S&P 500 und der Dow gaben so stark nach wie seit Anfang Februar nicht mehr. Der US-Aktienmarkt hatte die schwersten Verluste seit acht Monaten hinnehmen müssen. Der Dow-Jones-Index für Industriewerte verlor 831 Punkte, der Nasdaq Composite verbuchte das größte Minus seit mehr als zwei Jahren. Es gab starke Hinweise auf Ausverkauf an der Börse.

Die Anleger reagierten auf Äußerungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), der vor möglichen Finanzmarkt-Turbulenzen gewarnt und seine Prognosen zum Wachstum der globalen Wirtschaft gesenkt hatte.

Belastet wird die Stimmung an den Börsen auch durch die steigenden Renditen an den Anleihenmärkten, welche Anleihen für Anleger attraktiver machen. Es wird damit gerechnet, dass die Fed ihre Zinsen angesichts zuletzt robuster Konjunkturdaten stärker anhebt als zunächst angenommen.

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Alec Young von FTSE Russel sagte, Anleger befürchteten, dass steigende Zinsen die Unternehmensgewinne im nächsten Jahr schmälern würden. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen betrug 3,20 Prozent, deutlich mehr als die Ende August verzeichneten 2,82 Prozent.

Besonders unbeliebt waren Technologiewerte. Amazon-Aktien verbilligten sich um 6,2 Prozent und die Titel von Microsoft um 5,4 Prozent. Sears Holdings stürzte um 16,8 Prozent auf 0,49 Dollar ab. Das „Wall Street Journal“ berichtete, der angeschlagene Einzelhändler habe Berater mit der Vorbereitung eines Insolvenzantrags beauftragt. Vor fünf Jahren hatte die Aktie noch mehr als 40 Dollar gekostet.

Trump hatte die US-Geldpolitik bereits zuvor wiederholt öffentlich kritisiert, was für US-Präsidenten ungewöhnlich ist. Ende September meldete er sich zu Wort, nachdem die Fed die Leitzinsen zum dritten Mal in diesem Jahr angehoben hatte: „Leider haben sie die Zinsen gerade wieder erhöht. Ich bin darüber nicht glücklich.“

Trump befürchtet, dass die Notenbank den US-Wirtschaftsboom abwürgen könnte. Die Vorwürfe lassen Notenbankchef Jerome Powell bislang aber kalt: Bei geldpolitischen Entscheidungen spielten „politische Faktoren oder ähnliches“ keine Rolle, betonte er nach der jüngsten Zinserhöhung im September. Diese Haltung gilt Experten als entscheidend für die Glaubwürdigkeit der Fed. Das zeigt auch der Blick auf die Türkei: Denn die massive Kritik des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an der dortigen Zinspolitik hat Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank aufkommen lassen und mit zur Währungskrise beigetragen.

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Für die Wall Street geht Trump offenbar von weiteren Verlusten aus. Er sprach von einer Kurskorrektur. Auch Ökonom Oliver Pursche vom Vermögensverwalter Bruderman Asset Management in New York hält dies für plausibel: „Das ist wahrscheinlich der Beginn der Korrektur.“ Am Mittwoch hatten die drei wichtigsten Indizes an den US-Börsen mehr als drei Prozent im Minus geschlossen. Der S&P 500 und der Dow Jones gaben so stark nach wie seit Anfang Februar nicht mehr. Die Anleger reagierten dabei auf einen Bericht des Internationalen Währungsfonds, der angesichts steigender Zinsen in den USA und dem von Trump angezettelten Zollstreit vor Gefahren für die Finanzmärkte warnt.

Die US-Währungshüter haben 2018 den Leitzins schon drei Mal angehoben - zuletzt auf das aktuelle Niveau von 2,00 bis 2,25 Prozent. Bis Ende 2019 haben sie vier weitere Schritte nach oben signalisiert. Powell ließ jüngst durchblicken, dass die Zinsen auch noch stärker steigen könnten, damit die Wirtschaft nicht überhitzt. Der nicht als Anhänger eines solchen Kurses bekannte Währungshüter James Bullard sprach sich unterdessen für mehr Zurückhaltung aus: „Wir müssen nicht mehr viel tun, um die Geldpolitik zu normalisieren“, sagte der Chef des Fed-Bezirks St. Louis.

Trotz massiver Kursverluste an den US-Aktienmärkten am Vorabend nutzten Anleger den Dollar nicht wie gewöhnlich als sicheren Hafen. Der Euro profitierte von einer Dollar-Schwäche und hat deshalb am Donnerstag an die Kursgewinne vom Vortag angeknüpft. Am frühen Morgen stieg der Kurs der Gemeinschaftswährung zeitweise bis auf 1,1572 US-Dollar und wurde zuletzt wieder etwas tiefer bei 1,1555 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittwochnachmittag auf 1,1500 Dollar festgesetzt.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, kritisierte die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten. Sie betonte, dass Zentralbanken ihre Zinsentscheidungen gemäß ökonomischen Indikatoren treffen müssten. Wenn das Wachstum stark und die Arbeitslosigkeit extrem niedrig sei, müssten Notenbanker „die Entscheidungen treffen, die sie treffen“, sagte Lagarde.

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