Nach Sanktionsaufhebung Myanmar – ein schwieriges Terrain für Investoren

Als Folge der Militärherrschaft war Myanmar jahrzehntelang mit US-Investitions- und Handelsverboten belegt. Nun wurden die meisten Sanktionen aufgehoben, doch viele Probleme bleiben bestehen.

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Nur wenige Firmen trauen sich ins ehemalige Burma. Anfang 2016 nahm der Umfang ausländischer Investitionen ab. Quelle: AFP

Rangun In Myanmars Wirtschaftsmetropole sind US-Unternehmen bisher kaum vertreten: Der grinsende Colonel Sanders von Kentucky Fried Chicken ist eines der wenigen Logos in Rangun. Das wird sich nach Aufhebung der meisten US-Sanktionen am 7. Oktober vermutlich ändern. Allerdings hängt viel davon ab, wie die Regierung der ehemaligen politischen Gefangenen Aung San Suu Kyi das südostasiatische Land mit rund 60 Millionen Einwohnern modernisiert.

Bisher drängten vor allem Investoren aus Asien ins ehemalige Burma, allen voran China, in den Jahren der Isolation Hauptinvestor und Handelspartner. Die meisten Unternehmen aus dem Westen blieben aus Angst vor potenziellen Geldbußen in Millionenhöhe und Haftstrafen von bis zu 20 Jahren fern. Anfang 2016 nahm der Umfang ausländischer Investitionen ab – die Wirtschaft wartete Änderungen des Investitions- und Unternehmensrechts ab.

„Tatsächlich waren eine Menge amerikanischer Unternehmen außergewöhnlich vorsichtig angesichts der Sanktionen, vor allem bei Finanzdienstleistungen, wegen der enormen Geldstrafen“, sagt der Myanmar-Experte und Regierungsberater von Suu Kyi, Sean Turnell.

Das größte Hindernis für viele westliche Unternehmen waren die Beschränkungen von Dollar-Transaktionen über US-Banken. „Es war zu schwierig, der Markt ist zu klein und die Gewinne waren im Vergleich zu den potenziellen Geldbußen ziemlich gering“, erklärt Turnell. „Schon Geld hinein ins Land und heraus zu bringen machte große Probleme.“

Die Bekleidungsindustrie könnte eine der Branchen sein, die von den aufgehobenen Sanktionen am meisten profitiert. 1989 hatten die USA wegen Defiziten beim Arbeitsrecht den zollfreien Marktzugang Myanmars aufgehoben. Nach Wiederaufnahme ins US-Zollpräferenzsystem am 13. November darf das Land rund 5000 Produkte zollfrei in die USA einführen.

Extreme Armut und innere Unruhen

Nay Aung betreibt das Transportunternehmen Oway und vermittelt täglich über eine Buchungs-App bis zu 600 Mitfahrgelegenheiten in Rangun. Er hofft auf einen Exportboom mit dem Ende der Sanktionen: „Wenn multinationale Unternehmen kommen, werden wir davon profitieren“, sagt er. „Wir sind Nutznießer von Investitionen, wenn das Land wächst.“

In Myanmar herrschte mehr als 50 Jahre eine Militärdiktatur. Fast fünf Jahre nach dem politischen Wandel und ein Jahr nach dem Erdrutschsieg der Nationalen Liga für Demokratie von Suu Kyi entwickelt sich nur langsam ein moderner Finanzsektor. Auch die Sanierung der maroden Straßen, Häfen und Gebäude, von denen viele noch aus der britischen Kolonialzeit stammen, kommt nur allmählich in Gang.

Die junge Demokratie kämpft mit extremer Armut, inneren Unruhen mit ethnischen Minderheiten, grassierender Korruption sowie Drogen- und Menschenhandel. Auch floriert der illegale Handel mit Jade und Holz. Ein Bericht des American Chamber of Commerce nennt neben den Sanktionen andere Widrigkeiten: So entschied die Stadtverwaltung von Rangun, keine neuen Parkberechtigungen mehr auszustellen, die beim Kauf eines Neuwagens jedoch verlangt werden. Für ausländische Automobilhersteller wie Chevy und Toyota war das ein Schlag, für den blühenden Handel mit Gebrauchtwagen aus Japan ein Segen.


Marode Straßen und ein veraltetes Justizwesen

Gleichzeitig versprechen die jungen, günstigen Arbeitskräfte und der niedrige Lebenssstandard des Landes riesiges Wachstumspotenzial. Der US-Konzern General Electric beschreibt Myanmar auf seiner Website als neuen Wachstums-„Sweetspot“ in Südostasien. Investoren aus Japan und anderen asiatischen Staaten drängen auf den Markt.

Das japanische Walmart-Äquivalent Aeon eröffnete 2014 ein Büro in Rangun und betreibt ein florierendes Mikrofinanzgeschäft. Sein erster Supermarkt, eine Kooperation mit einem örtlichen Einzelhändler, offeriert seit September im Stadtteil Okalapa Tausende Produkte, meist Importgüter aus Thailand. Sogar der 2015 eröffnete KFC ist eine Franchise-Filiale des Mischkonzerns Yoma Strategic Holdings aus Myanmar.

Manche US-Firmen haben einen Vorsprung: So betreibt Coca Cola hier bereits eine Produktionsstätte für den örtlichen Markt. Der US-Verpackungsriese Ball Corp. produziert in der Sonderwirtschaftszone Thilawa in Rangun schon Dosen für Coca Cola.

MasterCard expandiert im Bereich der ATM-Karten. GE ist aktiv im Energiegeschäft und least Boeing 737-800er an die Fluglinien des Landes. ConocoPhillips und Chevron halten Beteiligungen im Öl- und Gasgeschäft, manche US-Unternehmen wie Caterpillar haben vor Ort bereits Vertriebspartner.

Doch die insgesamt 248 Millionen Dollar (225 Millionen Euro), die US-Firmen seit 1988 investierten, machen nicht einmal ein Prozent des gesamten Investitionsvolumens von rund 60 Milliarden US-Dollar aus. China investierte nach eigenen Angaben mehr als 25 Milliarden US-Dollar.

Probleme bleiben auch nach Sanktionsende

Auch der Handel mit den USA hielt sich bisher in Grenzen: 2015 importierte Myanmar Güter im Wert von 227 Millionen Dollar, die Exporte - vor allem getrocknete Erbsen, Rattan und Holzprodukte oder Rucksäcke als Reisebedarf – lagen laut der US-Handelsvertretung bei 142 Millionen Dollar.

Von der Aufhebung der Sanktionen werden Wirtschaftsgrößen wie Ex-Junta-General Than Shwe und Konzernchef Stephen Law profitieren, dessen verstorbener Vater einst vom Finanzministerium als einer der wichtigsten Heroindealer der Welt bezeichnet wurde. Auf kleine Unternehmen werde sich die Lockerung jedoch kaum auswirken, glaubt Jes Kaliebe Petersen von der Organisation Phandeeyar, die Start-ups unter die Arme greift.

Denn das schlecht funktionierende Finanzsystem, marode Straßen und das veraltete Justizwesen blieben auch nach Aufhebung der Sanktionen ein Problem: „Es dauerte drei Monate, Geld für meine Miete nach Rangun zu überweisen“, sagt der Däne. „Doch auf Mikro-Ebene hatte ich noch kein einziges Gespräch über die Sanktionen.“

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